von Annemarie Werning
Zu einem zufriedenen Leben gehört nicht nur das Haus oder die Wohnung, auch das Umfeld muss stimmen. Deswegen wollen viele, vielleicht die meisten, älteren Menschen, nur ungern ihre Umgebung verlassen. Das geht bei Großstädten meist problemlos. Wie aber ist es in Kleinstädten?
Mein Einsatztag
Ich sitze am Frühstückstisch, als das Telefon läutet. „Hier ist Barbara Link von der „brücke“. Können Sie am Freitag um 10 Uhr eine Fahrbegleitung in das Krankenhaus in Höchst übernehmen?“ Ich überlege kurz und bejahe. Jetzt wird mir gesagt, wo ich Frau Reh am Freitag abholen kann.
Fahrbegleitungen, sei es zu Ärzten, zum Supermarkt, zum Friseur oder Schwimmbad sind die häufigsten Dienste, die von „brücke-Mitgliedern“ erbeten werden. Ebenso aber kann Hilfe im Haushalt oder Garten, zur Kinderbetreuung oder zur Erledigung des Einkaufs angefragt werden.
Bei der „brücke“ handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, es alten und hilfsbedürftigen Mitbürgern zu ermöglichen, trotz Einschränkungen selbstbestimmt in unserer kleinen Stadt mit mäßiger Infrastruktur zu wohnen.
Gründung der „brücke“
Gegründet wurde der Verein vor 15 Jahren. Damals erklärte sich ein Mitglied des Vereins bereit, von montags bis freitags in der Zeit von 8.00 bis 10.00 Uhr telefonische Anfragen entgegenzunehmen und telefonisch, aus einer Liste von hilfswilligen Vereinsmitgliedern, nach jemanden zu suchen, der zu einem angefragten Dienst bereit ist. Inzwischen ist der „Telefondienst“ auf zehn Mitglieder verteilt, die sich täglich abwechseln. Auf dem PC wird dann jeweils festgehalten, wer um einen Dienst gebeten und wer sich bereit erklärt hat, ihn zu übernehmen.
Meine Aufgabe
Am Freitag habe ich dann Frau Reh wie vereinbart abgeholt und ins Krankenhaus gefahren. Wir sind gemeinsam in die Ambulanz gegangen. Ich habe auf sie gewartet, bis ihre Untersuchung beendet war und sie zu ihrer Wohnung zurückgebracht. Dort haben wir gemeinsam ein mit „Hilfe-Nachweis“ überschriebenes Formular mit unseren Namen und der aufgewendeten Zeit ausgefüllt. Ich habe von ihr einen vom Verein festgesetzten Betrag als Ersatz für die Fahrtkosten erhalten. Für die verwendete Zeit werden mir vom Verein Punkte gutgeschrieben, die ich selbst einmal für Hilfeleistungen in Anspruch nehmen kann.
Weitere Aktivitäten
Nach dem Leitgedanken des Vereins „gemeinsam statt einsam“ organisieren Mitglieder an jedem Mittwoch um 9 Uhr ein gemeinsames Frühstück in einer städtischen Anlage, einmal im Monat werden die Bürger der Stadt zu einem Kaffeenachmittag mit von Mitgliedern gespendeten Kuchen eingeladen. Es besteht einmal in der Woche Gelegenheit zum gemeinsamen Kartenspiel. Viel Anklang finden das jährliche Sommer- und Adventfest sowie der jährliche Busausflug.
Ich freue mich, in einer Stadt zu leben, in der es dank der „brücke“ möglich ist, auch mit kleinem Geldbeutel immer die Hilfe zu bekommen, die nötig ist, und sei es auch nur, um den Friseur aufsuchen zu können.