von Lore Wagener
Coca Cola und McDonald’s kennen alle Leute. Diese Marken sind mit ihren Franchise-Systemen sehr erfolgreich. Auch in Deutschland vermehren sich die Franchise-Geber. Die meisten Franchise-Nehmer haben hier die Reisebüros von TUI/First.
Geber und Nehmer
Das Franchising beruht auf der Möglichkeit, ein spezielles wirtschaftliches Know How gegen eine Lizenzgebühr an Dritte weiter zu geben, die dann eigenständig für die Vermarktung sorgen.
Ein Franchise-Geber kann unter anderem ein Patent auf eine Technologie, ein Urheberrecht, ein Geheimrezept oder eine geschützte Produktionsform haben. Er sucht sich regionale Partner, die „Franchise-Nehmer“. Denen verkauft er dann eine Lizenz auf sein Produkt, mit der diese dann eigenverantwortlich am jeweiligen lokalen Markt tätig werden und versuchen können, auch für sich einen Gewinn aus der Konzession zu erzielen. Geber und Nehmer agieren jeweils als selbständige Kaufleute, wobei der Franchise-Geber meist die stärkere Marktmacht hat und die Vertragsbedingungen festsetzt.
Sowohl Franchise-Geber als auch Franchise-Nehmer treten gegenüber ihren eigenen Mitarbeitern als Arbeitgeber mit den entsprechenden gesetzlichen Rechten und Pflichten auf
Die Vorgeschichte.
Franchising ist keine neuzeitliche Erfindung. Vielmehr hat der Begriff seinen Ursprung im mittelalterlichen Frankreich. Dort bezeichnete man damit den Verkauf von Privilegien der Krone an Vertrauensleute, die auf eigene Rechnung diese Privilegien nutzten. Auch die englischen Könige vergaben zum Beispiel ihre Steuerprivilegien gegen Entgelt an Gefolgsleute, die dann ihrerseits vor Ort die Steuern eintrieben. Im 19. Jahrhundert übernahmen die US-Amerikaner den Begriff in ihr Vokabular. Erstmals tauchte er dort bei der Vergabe von Rechten am Bau der neuen Eisenbahnlinien auf.
„Modernes“ Franchising
Die ersten modernen „Pioniere“ des Franchisings stellte Amerika in der Phase der Frühindustrialisierung. Den Beginn machte 1860 Isaac Meritt Singer mit seiner „Singer Sewing Machine Company“. Um den Absatz der neuartigen Nähmaschinen zu fördern, gestattete die Company ihren fliegenden Händlern, die Nähmaschinen auf eigene Rechnung und in eigenem Namen zu vertreiben. Andere amerikanische Marken, wie General Motors oder Coca-Cola wählten dann ebenfalls das Franchise-System und wurden damit Weltfirmen. Europäische Franchise-Geber waren in der ersten Phase eher selten. Erst in den 1970er-Jahren gelang dem modernen Franchising in Deutschland der Durchbruch. Danach schossen die Franchise-Systeme wie Pilze aus dem Boden und selbst marode Traditionsunternehmen bekamen durch Franchising wieder neuen Schwung. Heute ist das Konzept des Franchisings in allen Erdteilen und in fast allen Ländern der Erde präsent. Man schätzt heute die Zahl der Franchisesysteme weltweit auf rund 17.000.
Vor- und Nachteile
Die Franchise-Wirtschaft stellt in ihrer Werbung die Vorzüge ihrer Arbeitsweise gegenüber den traditionellen Systemen mit angestellten Vertriebsleuten heraus. Für die Franchise-Geber ist besonders der geringe Kapitaleinsatz vorteilhaft, denn die Kosten der örtlichen Produktionsstätten, das Personalrisiko und die Vertriebskosten müssen die regionalen Franchise-Nehmer tragen. Die Pflege der Marken, die Werbung und die Marktstrategie übernehmen in der Regel die Franchise-Geber selbst. Sie machen den Franchise-Nehmern mehr oder weniger restriktive Auflagen, bis hart an die Grenze zur Scheinselbständigkeit.
Neue Franchise-Nehmer werden mit dem Vorteil eines geringeren Gründungsrisikos gegenüber den normalen Selbstständigen geworben. Sie haben es in der Tat leichter, weil sie bekannte, bereits etablierte Marken vertreiben mit Arbeitsabläufen, die bereits in der Praxis erprobt sind. Dafür stehen dem Franchise-Geber dann auch Lizenzgebühren und Umsatzbeteiligungen zu.
Coca Cola
Ein solches System mit Weltgeltung hat Coca Cola. Entwickelt wurde das beliebte Getränk bereits im Jahre 1886 von dem amerikanischen Drogisten Dr. Pemberton Der experimentierte mit einer karamellfarbenen Flüssigkeit, „die müde Geister wieder munter zu machen schien.“ Sie wurde nach ihren Bestandteilen Coca Cola genannt und zunächst mit Sodawasser verdünnt als Medizin verkauft. 1888 erwarb der Apothekenhändler Candler für 2.300 US-Dollar das Geheimrezept und alle Rechte an Coca-Cola. Er gründete „The Coca-Cola Company“ und verkaufte nun einfach Abfüllungsrechte an lokale Konzessionäre. Er lieferte ihnen nur die Grundsubstanz, hielt das Rezept aber geheim. Befreit von den Belastungen vor Ort, konnte sich die Company ganz der intensiven Werbung und der Markenpflege widmen. So gelang ihr innerhalb kurzer Zeit die Expansion in den gesamten USA und seit 1896 auch im benachbarten Ausland. Später folgte dann die Verbreitung in aller Welt. In Deutschland wurde Coca-Cola erstmals 1929 in der „Essener Vertriebsgesellschaft für Naturgetränke“ abgefüllt. Heute sind die Coca Cola Abfüller in allen Ländern der Erde vertreten, nur nicht auf Kuba und in Nord-Korea.
Die Gründung von McDonald’s
Das Franchise System von McDonald’s ist ebenfalls so weit verbreitet, dass Kritiker von einer „McDonaldisierung“ der Welt sprechen. Als Gründer gelten die beiden Brüder McDonald, die ein Restaurant in Kalifornien betrieben.1948 gestalteten sie die Lokalität nach neuesten Ideen um. Sie sollte familienfreundlich werden und die Kids ansprechen. Und das gelang sehr gut. Die Brüder meldeten ihr neues Konzept zum Patent an und gewannen Nachahmer mit Franchise-Verträgen.
1961 verkauften sie ihre Patente dem Handelsvertreter Ray Kroc für 2,7 Millionen US-Dollar. Der ließ die McDonald’s Corporation registrieren und betätigte sich nicht nur als Franchise-Geber, sondern auch als Immobilienhändler. Er ließ für die Firma interessante Immobilien aufkaufen und verpachtete diese später an seine Franchise-Nehmer, nicht ohne dafür ansehnliche Mieten zu kassieren. Das brachte ihm zusätzlich einen großen Immobilienbesitz ein (Zitat: „nur der Vatikan besitzt zurzeit noch mehr Grund und Boden“).
McDonald’s weltweit
Kroc zog die Sache sehr penibel auf. Seine Konzepte waren so griffig, dass sich überall in den USA Franchise-Nehmer fanden. 1967 begann dann die Auslandskarriere in Kanada und Puerto Rico. 1971 gab es das erste europäische McDonald’s in Amsterdam. Im gleichen Jahr eröffnete auch in München erstmals ein McDonald’s. Insgesamt findet man heute McDonald’s-Gastronomie in 118 Ländern. Dort einzukehren, ist in vielen Regionen noch ein Statussymbol, in anderen wird die Kost als fett und minderwertig eingestuft. Die örtlichen Lokale bemühen sich heute um mehr Lokalkolorit. Zum Beispiel servieren sie auf dem indischen Subkontinent den „Chicken Maha Raja Mac“, eine Hühnchen-Variante des Big Mac, in Japan kann man einen „Teriyaki-Burger“ bekommen und der „China Rice Burger“ soll chinesische Kunden erfreuen.
Ray Kroc wurde mit seiner Corporation ein reicher Mann. Als er starb, wurde sein Vermögen auf 500 Millionen US-Dollar geschätzt.
Franchise-Systeme in Deutschland.
Neben McDonald’s und TUI/First gehört hierzulande auch die Frauen-Sportclub-Kette „Mrs.Sporty“ zu den leistungsfähigsten Systemen. Gegründet wurde sie 2005 mit den ersten Clubs in Berlin und Herten. Mittlerweile betreut das Unternehmen 300 Clubs mit über 80.000 Mitgliedern in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien. Mitbegründerin und Gesellschafterin ist die ehemalige Tennisspielerin Stefanie Graf.
Der Deutsche Franchise-Verband zählt auch die „Vom Fass AG“ zu seinen Top-Unternehmen. Der gelernte Küfer Johannes Kiderlen hatte das Importunternehmen für Wein und Traubensaft vom Vater ererbt. Sein erstes „Vom Fass“-Geschäft mit einem modernen Angebot an Essig, Ölen, Weinen und Säften wurde 1994 in Regensburg eröffnet. Heute werden von der in Waldburg ansässigen AG und ihren Franchisenehmern über 250 Geschäfte betrieben, unter anderem in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Neuseeland, Österreich, Polen, der Schweiz, Singapur und den USA. Aus diesem lokalen Unternehmen wurde also durch Franchising ein „Global-Player“.-
Ein Verdrängungswettbewerb
Die lokalen Franchise-Nehmer mit den starken internationalen Marken im Hintergrund stellen vor Ort eine Gefahr für die kleinen und mittelständischen Unternehmen dar. Diese können meist mit der starken international agierenden Konkurrenz nicht mithalten. Sie müssen entweder aufgeben oder selbst in das Lager der Franchise-Nehmer wechseln. Das ist schwer für sie, denn das bedeutet auch den Untergang ihrer traditionellen Firmen-Namen und – obwohl sie weiter als Unternehmer gelten – die Anpassung an ein vorgegebenes Firmen-Konzept. Und diesen Trend können wir leider in unseren Einkaufsmeilen beobachten.
Andererseits kann Franchising für kleine und mittlere Unternehmen auch eine Chance bieten, vor allem dann, wenn sie in ihrer Produktpalette für den Markt interessante Dinge haben. Dann können sie selbst Franchise-Geber werden und dafür ist die „Vom Fass AG“ ein gutes Beispiel.