Das Straßennetz des Römischen Weltreiches

von Dietrich Bösenberg

„Ab Roma ad limites“ – von Rom an das Ende der Welt…
Eine einzigartige kulturelle Leistung des römischen Staates war die Schaffung eines „weltumspannenden“ Straßennetzes, gleichzeitig eine Voraussetzung für die  Errichtung und Erhaltung des Weltreiches.

Geschichte

Das Römische Straßennetz um
125 n. Chr.

Zu allen Zeiten gab es Verkehrsverbindungen in Form von straßenähnlichen Wegen, Saumpfaden, u.ä., um Handel, kriegerische Bewegungen und Kontakte aller Art zu bewerkstelligen. Den Römern blieb es vorbehalten, ein Verkehrswegenetz zu schaffen und es in Ausdehnung, Dichte und konstruktiver Ausführung zu einem perfekten Verkehrssystem zu entwickeln. Schon um 450 vor Chr. hatte der Stadtstaat Rom Vorschriften für Breite, Kurvenform und Bauweise von Straßen erlassen. Bestanden die Verkehrswege anfangs nur aus gestampfter, ggf. gekiester Erde, so wurde bald, nach Vorbildern anderer Völker, das Pflastern der Strassen eingeführt. Die Staatsstrassen dienten insbesondere der militärischen Sicherung eroberter oder abhängiger Gebiete; schnellen Truppenverlegungen und dem Nachrichtenwesen. Der Handel mit Agrarprodukten sowie Gebrauchs- und Luxusgütern aus der ganzen damaligen Welt erforderte ebenso geeignete Verkehrswege wie andere Reisenotwendigkeiten im römischen Staat, wie z. B. die Verlegung von Beamten in ferne Verwaltungszentren, Pilgerreisen oder Kurierdienste.

Die Ausführung

Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Strassen konstruktiv an die gesteigerten Anforderungen der Reisenden angepasst. Unterbau und Beläge mussten, was Haltbarkeit und Komfort betrifft,  für die Benutzung durch Reittiere, ein- und mehrachsige Wagen, aber auch für Fußgänger ausgelegt werden. Für den Straßenkörper wurden möglichst einheimische Baumaterialien verwendet, auf Ebenheit wurde ebenso geachtet wie auf eine Wölbung zur Ableitung des Regenwassers.
Die Trassenführung folgte oftmals schon vorhandenen Routen, vielfach wurden die Strassen jedoch völlig neu erbaut, teilweise der direkten Linie zwischen den Stationen folgend. Dabei wurde bei Bedarf das Gelände eingeebnet und Täler mit Brückenbauten überwunden.
Zum Bau wurden sowohl Soldaten herangezogen als auch Gefangene und Sklaven eingesetzt.
Das eigentliche Staats-Straßennetz zum Zeitpunkt der größten Ausdehnung des Römischen Reiches um 110 n. Chr. hatte eine Länge von 85 000 km.

Beispiele wichtiger römischer Strassen:

Via Appia: Rom – Brindisi, die erste bekannte Staatsstrasse
Via Aurelia: Rom – Genua – Gallien
Via Claudia Augusta: Norditalien – Augsburg (über Bozen, Reschenpass Füssen)
Via Nova Traiana: Von Bostra/Syrien nach Aila/Aqaba am Roten Meer

Heutige Spuren der römischen Strassen:

Römerstraße bei Garmisch-
Partenkirchen

Mit dem Untergang des Römischen Reiches war auch das Ende des geordneten Straßensystems gekommen. Hatten schon seit längerem finanzielle Probleme der römischen Behörden zur Vernachlässigung der Strassen geführt, so brachten ab dem 5. Jahrhundert die Germaneneinfälle der Völkerwanderungszeit weitere Zerstörungen und schließlich den Verfall.
Dennoch haben sich bis heute Spuren römischer Straßenkörper erhalten. Nicht nur im Gelände sind die oft schnurgeraden Trassen noch zu erkennen, vielfach dienten die Römerstrassen als Fundament heutiger Straßenbauten. Brückenbauwerke sind vielerorts erhalten und in moderne Straßenverläufe einbezogen. Auch eine Anzahl römischer Meilensteine wurde aufgefunden, sie konnten der Forschung wertvolle Informationen über das Verkehrsnetz liefern, beispielsweise Entfernungen oder die Namen der Erbauer und damit Datierungsmöglichkeiten.

Woher wissen wir das alles?

Unser heutiges Wissen von den römischen Strassen, gerade auch im mitteleuropäischen Raum, geht in großem Masse auf ein einschlägiges Werk zurück: „Die Tabula Peutingeriana“, eine kartographische Darstellung des Straßennetzes in spätrömischer Zeit.
Daneben kommt auch anderen Werken Bedeutung zu, wie dem sog. Itinerarium Antonini, einem römischen Straßenverzeichnis in Listenform. Auch archäologische Ausgrabungen konnten wichtige Informationen beisteuern.

Die Tabula Peutingeriana

Ausschnitt aus der Tabula
Peutingeriana

Diese nach dem Augsburger Ratsherrn K. Peutinger  benannte Quelle ist ein kartenähnliches Werk, das Straßennetz des ganzen Römischen Reiches zur Zeit seiner größten Ausdehnung und darüber hinaus darstellend. Es handelt sich um die mittelalterliche Kopie eines schon zuvor mehrfach kopierten Originals von ca. 330 n. Chr.,  das nicht erhalten ist. Sie umfasst das römische Weltreich von den Britischen Inseln bis nach Nordafrika, Vorderasien, Persien und Indien. Darin sind rund 200 000 km Strassen eingezeichnet, mit Entfernungsangaben zwischen den einzelnen Etappenorten der Reiserouten. Wir haben es dabei mit einer Darstellung der Staatsstraßen zu tun, deren Zweck gewesen sein dürfte, dass Reisende sich vor Reiseantritt einen Überblick verschaffen konnten.
Zur Orientierung sind Ortsnamen, Raststätten, topographische Einzelheiten wie Flüsse, Gebirge und Seen eingezeichnet. Häufig sind graphische Vignetten verwendet, die wichtige Örtlichkeiten kennzeichnen: Großstädte sind durch Gebäude gekennzeichnet, die teilweise noch heute erkennbar sind.

„Ihr habt den ganzen Erdkreis vermessen, Flüsse mit Brücken verschiedenster Art
überspannt und Berge durchstochen
um Fahrwege anzulegen, in menschenleeren Gegenden
Poststationen eingerichtet und überall
eine kultivierte und geordnete Lebensweise eingeführt.“
Aelius Aristides (117 – ca. 187 n. Chr.) Lobrede auf Rom

Links:

Die römischen Strassen im Überblick

Die Hauptinformationsquelle Tabula Peutingeriana