von Maria Schmelter
Eine alte Frau, schwarz gekleidet, wie unsere Großmütter, fand sich in unserer heutigen Zeit nicht mehr zurecht. Sie sass meist am Fenster und murmelte „ne, ne, ne“ um ihr Mißfallen für all die Veränderungen auszudrücken. Da liefen z.B. Menschen auf der Straße, die führten Selbstgespräche.
Den Papst sehen und danach sterben
Sie war eine gläubige Frau und dachte, da hat bestimmt der Teufel seine Hände im Spiel.
Als sie nun eines Tages in der Westfälischen Presse las, der Papst komme nach Paderborn, da fasste sie einen Entschluss. Sie wollte den Papst sehen und danach sterben.
Am Tag des großen Ereignisses zog sie ihr schönstes schwarzes Kleid an und verließ im Morgengrauen das Haus. Sie ging zum Bahnhof um den 1. Zug nach Paderborn zu erwischen. Statt eines freundlichen Mannes am Schalter, gab es dort einen Automaten,der Fahrkarten verkaufte. Aber welchen Knopf sollte sie drücken? Sie kapitulierte und es war wegen der frühen Stunde niemand da, den sie hätte um Hilfe bitten können. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel und fuhr schwarz.
Angekommen in Paderborn,war es einfach, den Ort zu finden, an dem der Papst erwartet wurde. Sie musste nur den Massen folgen. Ihre Beine waren aber langsamer, so kam sie erst mit den Nachzüglern an. Sie stand vor den Absperrgittern, die in unendlich vielen Schleifen zum Eingang des Stadions führten. Weil sie ja schon spät dran war, nahm sie Anlauf und überkletterte sie die ersten Absperrungen, schließlich war sie in der Schule eine gute Hürdenläuferin gewesen. Aber dann ließ die Kraft nach und sie blieb oben auf dem Absperrgitter hängen. Da zappelte sie nun, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Es ging nicht mehr vorwärts und nicht zurück.
Aus dem Stadion hörte sie frenetischen Beifall, der Papst musste eingetroffen sein. Sie schickte wieder ein Stoßgebet zum Himmel. Zuspät, alle Türen waren fest verschlossen und außerdem wäre sie sowieso nicht hinein gekommen, denn die Eintrittskarten hatte es nur im Internetverkauf gegeben.