Wie wird ein Denkmal oder eine Stätte zum UNESCO-Welterbe?

von Hildegard Neufeld

Die UNESCO verleiht den Titel Welterbe an Stätten, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität weltbedeutend sind und von den Staaten, in denen sie liegen, für den Titel vorgeschlagen werden. Der Titel beruht auf der von 190 Staaten und Gebieten ratifizierten Welterbe-Konvention von 1972. (Wikipedia)

Das UNESCO-Welterbe

Mit der Auszeichnung als Welterbestätte will die UNESCO die Schätze der Erde für spätere Generationen sichern. Das Welterbe der UNESCO besteht sowohl aus dem Kulturerbe als auch aus dem Naturerbe. Wie die Deutsche UNESCO-Kommission am     5. Juli 2015 mitteilte, gibt es weltweit 1031 Orte und Stätten in 163 Ländern, darunter 802 Kulturdenkmäler und 197 Naturstätten, welche die UNESCO zum Welterbe erklärt hat. Die restlichen 32 Stätten gehören sowohl dem Kulturerbe als auch dem Naturerbe an.
In Deutschland stehen seit Juli 2016 41 Stätten auf der Welterbeliste der UNESCO. Sie stehen unter dem Schutz der internationalen Konvention für das Kultur- und Naturerbe der Menschheit. Eine von ihnen ist der Kölner Dom.
Aber was macht einen Ort oder ein Denkmal zum Welterbe, wer steckt hinter der UNESCO und welches sind ihre Aufgaben?

Die UNESCO

Die UNESCO ist eine Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und hat ihren Sitz in Paris. Sie wurde 1946 gegründet und hat gemäß ihrer Verfassung die Aufgabe, „durch Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Völkern in Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Wahrung des Friedens und der Sicherheit beizutragen“. Sie will das Kulturerbe schützen, die kulturelle Vielfalt bewahren und den Dialog der Kulturen fördern.
Der seit 1972 von der UN-Kulturorganisation UNESCO verliehene Welterbe-Titel ist mit keiner finanziellen Förderung verbunden. Die Organisation bezieht ihre finanziellen Mittel hauptsächlich aus den Pflichtbeiträgen der Mitgliedsstaaten. Große Bedeutung hat diese Auszeichnung aber weltweit für den Denkmalschutz und den Tourismus.
Seit 1978 erstellt die UNESCO eine Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt mit inzwischen über tausend Denkmälern, historischen Städten und Landschaften. Diese sind laut UNESCO so wertvoll, dass für ihren Schutz die ganze Menschheit verantwortlich sein soll und nicht nur ein Staat allein.

Die Welterbe-Konvention

Die 1972 von der UNESCO verabschiedete Konvention ist das international bedeutendste Instrument, um Kultur- und Naturstätten, die einen „außergewöhnlichen universellen Wert“ besitzen, zu erhalten. Die vorgeschlagenen Stätten werden nur dann in die Liste des Welterbes aufgenommen, wenn sie mindestens eines der in der Konvention festgelegten zehn Kriterien der „Einzigartigkeit“ sowie der „Authentizität“ (bei Kulturstätten) oder der „Integrität“ (bei Naturstätten) erfüllen, und wenn ein überzeugender „Erhaltungsplan“ vorliegt.
Immer wieder werden neue Denkmäler und Stätten zu Welterbestätten erklärt und in die Liste des Welterbes aufgenommen. Die UNESCO erreichen laufend neue Bewerbungen, die geprüft werden müssen. Einmal im Jahr trifft sich das Welterbekomitee und entscheidet darüber, welche dieser Denkmäler und Stätten den Welterbe-Status erhalten sollen. Das Komitee betrachtet ein Kulturgut als von außergewöhnlichem universellem Wert, wenn das Gut einem oder oder mehreren der zehn Kriterien entspricht, von denen die ersten sechs insbesondere für kulturelle Stätten und Kulturlandschaften einschlägig sind.

Kriterien für die Aufnahme in die Welterbeliste (Nr.1- 5)

Die angemeldeten Kulturgüter sollen

1.ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft darstellen;
2. für einen Zeit- oder in einem Kulturgebiet der Erde einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf Entwicklung der Architektur oder Technik, der Großplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung aufzeigen;
3. ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis von einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur darstellen;
4. ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften darstellen, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Menschheits-Geschichte versinnbildlichen;
5.ein hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Siedlungsform, Boden- oder Meeresnutzung darstellen, die für eine oder mehrere bestimmte Kulturen typisch ist, oder der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt, insbesondere, wenn diese unter dem Druck unaufhaltsamen Wandels vom Untergang bedroht wird;

Kriterien für die Aufnahme in die Welterbeliste (Nr.6-10)

6. in unmittelbarer oder erkennbarer Weise mit Ereignissen oder überlieferten Lebensformen, mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen oder mit künstlerischen oder literarischen Werken von außergewöhnlicher universeller Bedeutung verknüpft sein. (Das Komitee ist der Ansicht, dass dieses Kriterium in der Regel nur in Verbindung mit einem weiteren Kriterium angewandt werden sollte);
7. überragende Naturerscheinungen oder Gebiete von außergewöhnlicher Naturschönheit und ästhetischer Bedeutung aufweisen;
8. außergewöhnliche Beispiele der Hauptstufen der Erdgeschichte darstellen, einschließlich der Entwicklung des Lebens, wesentlicher im Gang befindlicher geologischer Prozesse bei der Entwicklung von Landschaftsformen oder wesentlicher geomorphologischer oder physiographischer Merkmale;
9. außergewöhnliche Beispiele bedeutender im Gang befindlicher ökologischer und biologischer Prozesse in der Evolution und Entwicklung von Land-, Süßwasser-, Küsten- und Meeres-Ökosystemen sowie Pflanzen- und Tiergemeinschaften darstellen;
10. die für die In-situ-Erhaltung der biologischen Vielfalt bedeutendsten und typischsten Lebensräume enthalten, einschließlich solcher, die bedrohte Arten enthalten, welche aus wissenschaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung wegen von außergewöhnlichem universellem Wert sind.“

Bedrohung des Welterbes – die „Rote Liste“

Bei Denkmälern und Stätten, die bereits zum Welterbe gehören, wird regelmäßig nachgeprüft, ob sie auch die Kriterien für eine Werbestätte weiter erfüllen. Ist dies nicht der Fall oder besteht die Gefahr, dass sie den Anforderungen bald nicht mehr entsprechen, kann der Welterbe-Status gefährdet sein. Das kann durch bauliche Maßnahmen im Bereich der Stätte geschehen, wie zum Beispiel beim Kölner Dom, als der Bau von Hochhäusern auf der dem Dom gegenüber liegenden Rheinseite geplant war. Darauf änderte die Stadt Köln die Planung.
Eine andere deutsche Welterbestätte, die zunächst nur als gefährdet eingestuft wurde, ist das Dresdner Elbtal. Grund dafür war die geplante Waldschlösschenbrücke, welche die Elbe überqueren sollte. Die UNESCO sah darin eine schwere Veränderung der Kulturlandschaft des Elbtals und setzte das Dresdner Elbtal deshalb auf die Rote Liste. Als die Brücke dennoch gebaut wurde, ist der im Jahre 2004 erklärte Welterbestatus fünf Jahre später, im Jahre 2009, wieder aberkannt worden.
Aber nicht nur Bauprojekte führen zur Gefährdung des Welterbes. Auch andere Eingriffe, Naturkatastrophen, Kriege oder Verfall sind Ursachen dafür, dass Denkmäler auf die Rote Liste für gefährdetes Welterbe gesetzt werden. Die UNESCO sieht das Welterbe auch als gefährdet an, wenn zu viele Touristen kommen.

Die Deutsche UNESCO-Kommission

Die Deutsche UNESCO-Kommission (DUK) wurde am 12. Mai 1950 gegründet. Sie ist Deutschlands Mittler-Organisation für multilaterale Politik in Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, und hat ihren Sitz in Bonn. Ihre Aufgabe ist es, die Bundesregierung, den Bundestag und die übrigen zuständigen Stellen in allen Fragen zu beraten, die sich aus der Mitgliedschaft Deutschlands in der UNESCO ergeben.
Die DUK setzt sich für die in der UNESCO-Verfassung niedergelegten Werte ein: Sie arbeitet in der Überzeugung, dass „Friede – wenn er nicht scheitern soll – in der geistigen und moralischen Solidarität der Menschheit verankert werden muss“. Die internationale Zusammenarbeit in allen Bereichen des geistigen Lebens über kulturelle und politische Grenzen hinweg ist Grundlage für eine human gestaltete Globalisierung.
Leitziele in der Arbeit der Deutschen UNESCO-Kommission sind: Vielfalt fördern – Erbe wahren – nachhaltige Entwicklung gestalten.

Von 1978 – 1996 zum Welterbe erklärte Welterbestätten in Deutschland

Aachener Dom – Speyerer Dom – Würzburger Residenz und Hofgarten – Wallfahrtskirche „Die Wies“ – Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl – Dom und Michaeliskirche in Hildesheim – Römische Baudenkmäler, Dom und Liebfrauenkirche in Trier – Hansestadt Lübeck – Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin – Kloster Lorsch – Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft – Altstadt von Bamberg – Klosteranlage Maulbronn – Stiftskirche, Schloss und Altstadt von Quedlinburg – Völklinger Hütte – Grube Messel –   Das Bauhaus und seine Stätten in Weimar und Dessau – Kölner Dom – Luther-Gedenkstätten in Eisleben und Wittenberg.

Von 1998 – 2014 zum Welterbe erklärte Welterbestätten in Deutschland

Klassisches Weimar – Wartburg –   Museumsinsel Berlin – Gartenreich Dessau-Wörlitz – Klosterinsel Reichenau – Industriekomplex Zeche Zollverein in Essen – Altstädte von Stralsund und Wismar –   Oberes Mittelrheintal – Rathaus und Roland in Bremen – Muskauer Park – Obergermanisch-raetischer Limes – deutscher Teil der grenzüberschreitenden Welterbestätte „Grenzen des Römischen Reiches“ –   Altstadt von Regensburg mit Stadtamthof – Buchenurwälder der Karpaten und alte Buchenwälder Deutschlands – Siedlungen der Berliner Moderne – Wattenmeer – Fagus-Werk in Alfeld – Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen – Markgräfliches Opernhaus Bayreuth – Bergpark Wilhelmshöhe – Karolingisches Westwerk und Civitas Corvey – Hamburger Speicherstadt im Hafen und Kontorhaus-Viertel mit „Chilehaus“.

Die Gründe, ein Denkmal zum Welterbe zu ernennen

„Die Welterbestätten in Deutschland sind aus ganz verschiedenen Gründen auf der Liste des UNESCO-Welterbes verzeichnet“, schreibt das Internetportal “Helles Köpfchen“ und fügt hinzu: Die Zeche Zollverein in Essen gehört zum Beispiel deshalb zum Weltkulturerbe, weil sie auf besondere Weise die Entwicklung der Schwerindustrie in Europa und damit ein wichtiges Kapitel unserer Geschichte verdeutlicht. Die Altstadt von Bamberg dagegen ist wegen ihrer vielen gut erhaltenen Gebäude aus verschiedenen Epochen vom 11. bis zum 18. Jahrhundert Teil des Weltkulturerbes. Sie ist sozusagen ein Modell dafür, wie sich viele mitteleuropäische Städte seit dem frühen Mittelalter entwickelt haben.
Das UNESCO-Welterbekomitee hat auf seiner 40. Tagung vom 10. – 17.Juli 2016 insgesamt 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes eingeschrieben. Damit stehen nun 1.052 Kultur- und Naturstätten in 165 Ländern auf der UNESCO-Welterbeliste, darunter zwei von dem Architekten Le Corbusier erbaute Häuser der Stuttgarter Weissenhofsiedlung.

weitere Informationen

Interessierte LeserInnen finden weitere Informationen unter
www.helles-koepfchen.de/unesco-weltkulturerbe-weltnaturerbe/index.html
https://www.unesco.de/ueber-uns/deutsche-unesco-kommission.html