von Maja Prée
Kräuter gehören seit jeher zu den Pflanzen von und mit denen wir leben. Früher sprach man von der „Kräuterhexe“, dem Kräuterweib oder vom „Buckelapotheker“ der mit seinen Heilkräutern durch die Lande zog. Fakt ist, dass gerade die Menschen die sich mit Kräutern auskennen, ein unschätzbares Wissen haben.
Lang, lang ist es her …
dass die Menschen begannen, Kräuter zu nutzen. Als Lebensmittel wie auch als Heilmittel. Früheste Kenntnisse über die Verwendung essbarer Wildpflanzen stammen aus der Steinzeit. In bronzezeitlichen Siedlungen von vor rund dreitausend Jahren fanden sich Reste von über dreihundert wilden Pflanzenarten. Etliche der dort entdeckten Pflanzen sind Vorgänger heute kultivierter Nutzpflanzen. Der Ausbau des gärtnerischen und landwirtschaftlichen Feldbaus verdrängte zunächst noch nicht die Verwertung von Wildpflanzen. Bei der Pflege der Kulturarten in späteren Zeiten wurden die „gehaltvollen Speise-Unkräuter“ wie Melde und Franzosenkraut geerntet. Gehölze und Wälder und deren Säume boten essbare Wildpflanzen und Früchte, dort wurden gesammelt3).
Pflanzen und Samen reisten schon immer
Spricht man heute von Neophyten bei Pflanzen die zu uns eingewandert sind, handelt es sich bei vielen inzwischen fest bei uns eingewöhnten Kräutern ebenfalls um Pflanzen die zum Teil mit der römischen Expansion bereits nach Deutschland kamen. Später bewahrten Mönche das antike Wissen über Heilkräuter. Viele Klöster hatten eigene Kräutergärten und waren stolz darauf.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es vor allem die Großeltern die mit den
Enkelkindern Wildkräuter oder –früchte sammelten, während die Eltern der
Erwerbstätigkeit nachgingen. In Kriegs- und Notzeiten war das Sammeln von Wildpflanzen weit verbreitet und die einzige Möglichkeit das Angebot an Nahrung aufzubessern.
Nach dem zweiten Weltkrieg und spätestens in den 60er Jahren verlor das Sammeln von Wildkräutern mit dem Wirtschaftsaufschwung an Bedeutung. Die industrialisierte Landwirtschaft brachte ausreichende Erträge zu erschwinglichen Preisen. Das Sammeln von Wildfrüchten und Kräutern wurde immer mehr zu einem Hobby.
Das Wissen bewahren und weitergeben
Im späten Mittelalter gingen die Kenntnisse auf die Apotheker über. In ihren Kräutergarten wurden die Pflanzen zusammen angebaut, die die gleichen Anwendungsgebiete hatten oder für die gleichen Organe sinnvoll sein sollten. Das Sammeln von Kräutern gehörte zum Alltag der Landbevölkerung. Die „Kräuterweiblein“ belieferten Apotheken mit Wildkräutern, halfen damit die Leiden armer Leute zu lindern. Die Nutzung vermeintlich magischer Kräuter brachte ihnen aber auch den Ruf der Hexerei ein was zuweilen fatale Folgen bis hin zur Hexenverfolgung hatte.
Mit der Entwicklung des Buchdruckes konnten Kräuterbücher weiter verbreitet werden und diese Pflanzen fanden Eingang in Bauerngärten und Parks.
Pflanzen in der Medizin
Mit der Entwicklung der Homöopathie und Naturheilkunde im 18./19. Jahrhundert erlangte die Kräuterkunde noch einmal eine hohe Popularität. Im technischen Zeitalter des 20. Jahrhunderts galten Kräuter und ihre Verwendung jedoch zusehends als unzeitgemäß
Kräuter und Wildpflanzen heute
Seit einigen Jahren schenkt man Wildpflanzen und vor allem Heilkräutern wieder mehr Aufmerksamkeit. Resistente Keime oder einfach ein Überdruss an der allmächtigen Schulmedizin sind wohl nur ein Teil der Ursachen.
In Gourmetrestaurants werden Exklusive Gerichte mit Wildkräutern angeboten. Ein urwüchsiger Geschmack der in neuen Kreationen ausgereizt wird – findet Zuspruch. Diese Exklusivität wohl darauf weil das Wissen über die Wildkräuter weitestgehend aus dem Bewusstsein der Menschen verschwunden ist und hier Auge und Gaumen etwas Neues geboten werden.
Mein persönliches Interesse an Kräutern und Wildpflanzen
In meiner Jugend hatte ich einen Artikel über die essbaren Blüten des Borretschs gelesen. Die blauen sternförmigen Blüten sind ein wunderbares Dekor in sommerlichen Salaten. Sein Namen alle Ehre macht er auch als Gurkenkraut bekannt. Und so kam ich Jahre später als Kleingärtner über das Interesse an Kräutern, essbaren Blüten und auch die Freude die mir die Bienen und Hummeln beim Besuch dieser Stauden machten dazu, immer wieder neue Pflanzen in meinen Garten zu setzen und mich mit den Wirkungen dieser Pflanzen zu beschäftigen. Die Heilwirkung ist für mich nicht das wichtigste. Erwiesen ist jedoch dass der Gehalt an Mineralstoffen1) zum Beispiel an Magnesium oder Eisen in Vogelmiere, Löwenzahn, Gänseblümchen oder Brennnessel um ein vielfaches höher sind, als in unseren Salat- oder Kohlpflanzen. Das trifft auch für viele andere Wildpflanzen zu.
Wissen erwerben
Ob als Salat, als Gemüse oder Suppe, als Tee – es gibt so vielfältige Möglichkeiten Wildpflanzen zu nutzen. Wer Interesse daran hat findet in seiner Umgebung garantiert eine Kräuterfrau die Kräuterwanderungen anbietet oder Seminare an der Volkshochschule die man besuchen kann. Schlaue Bücher gibt es zu kaufen und man kann sich auch an vielen andren Stellen noch ausführlich informieren.
Was mich beeindruckte
In meinem Garten hat sich ein Unkraut breit gemacht, der Giersch. Inzwischen wächst er fast rundum in der Hecke die meinen Garten umgibt. Er ist nicht einfach auszugraben, seine Hartnäckigkeit mit der er immer wieder aus kleinsten Wurzelstückchen austreibt, ist bewundernswert. Anfangs hatte ich ihn nur an Meerschweinchen und Kaninchen verfüttert. Im Frühjahr eine wahre Delikatesse für die Tiere, zumal da noch Löwenzahn und andere Grünpflanzen rar sind, wenn der Giersch sich bereits aus der Erde schiebt. Dann las ich, dass man die jungen Blätter auch gut als Petersilienersatz verwenden kann. Haben sie schon einmal den Duft von Giersch bewusst wahrgenommen? Interessant und würzig. Und man kann ihn zu allem möglichen verarbeiten, Wildspinat, Suppe, in Salaten, dem neuen Trend Smoothie etc.
Noch etwas aus meinem Garten
Beim Lesen in einem Kräuterbuch stieß ich auf Ysop. Eine heute immer noch relativ unbekannte Gewürzpflanze die inzwischen schon viele Jahre in meinem Garten steht. Ihre schönen blauen Blüten locken jetzt wie auch der Lavendel die Bienen und Hummeln an. Die zahlreichen kleinen Blüten sind eine wahre Bienenweide.
Eberraute, ein feingliedriges Kraut, das ich manchmal auch in Blumensträuße einbinde, ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Es wird auch Cola Kraut genannt. „Wer sonntags befürchtete, während der Kirchenpredigt einzuschlafen, sollte einige Zweige der Eberraute mit sich tragen, denn ihr Duft hält während der längsten Predigt munter2).
Kräuter sind auch Helfer
Diese stark duftenden Kräuter sollen noch eine andere positive Wirkung haben. Ihr Duft vertreibt Blattläuse. Die Rosen die ursprünglich zwischen Lavendel und Ysop standen hatten wirklich weniger Blattläuse als Pflanzen an anderen Standorten. Etwas Glaube an die Wirkung muss natürlich dabei sein. Man kann es ja versuchen.
Kräuter können das Gedeihen von Nutzpflanzen fördern wie zum Beispiel die Ringelblume oder die einfache Tagetes. Bohnenkraut soll die schwarzen Läuse an Bohnen vertreiben, ein Mischanbau von Zwiebeln und Möhren wechselseitig gegen die Möhren- oder Zwiebelfliege helfen, Basilikum den Geschmack der Tomaten verbessern.
Quellenangaben:
1) Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen von Steffen Guido Fleischhauer
2) Matthias Alter Klostergärtnerei: Laacher Kräuterblätter
3) Kräuter von Karin Greiner und Dr. Angelika Weber