Zwei Pässe gegen einen?

von Dorothee Durka

Workshop Bad Urach 19. 2. 2015

Ein Interview mit einer Frau, die in drei Ländern über längere Zeit gelebt hat. Wie viele ‚Heimaten‘ hat sie?

Wie war es, als Sie nach Deutschland kamen?

„Als ich schon einige Jahre in Deutschland gelebt hatte, erzählte ich, dass ich sowohl die tschechische als auch die britische Staatsangehörigkeit besitze, aber nicht die deutsche. Darauf stellte man mir die Frage: ‚Wann bringen Sie das in Ordnung?‘  Diese Frage hat mich etwas verunsichert; was soll dabei nicht in Ordnung sein?

In Tschechien bin ich geboren, und die britische Staatsangehörigkeit besitze ich durch Naturalisierung. Mit einem britischen Pass hatte ich auch ein Aufenthaltsrecht in der EU und konnte so problemlos nach Deutschland übersiedeln. Als ich einige Jahre später einen Deutschen heiratete, stellte sich die Frage schon allein deshalb nicht mehr, weil ich selbst als Tschechin auch ein Aufenthaltsrecht in Deutschland hatte. Um einen deutschen Pass zu erhalten, hätte ich die beiden anderen abgeben müssen. Zwei Pässe  gegen einen eintauschen  –  das schien mir kein fairer Tausch zu sein. Die beiden bisherigen Pässe bedeuten für mich eine Verbindung mit dem Land meiner Eltern und mit dem Land, in dem ich ausgebildet wurde und viele Berufsjahre verbracht habe. Ich fühle mich mit der Kultur beider Länder sehr verbunden. Einen deutschen Pass hätte ich nur dann beantragt, wenn ich mindestens einen der beiden anderen hätte behalten dürfen. Ich hoffe, es gibt bald einmal einen europäischen Pass, damit man in einem europäischen Land nicht vor solche „unzeitgemäßen“ Fragen gestellt wird.“

Können Sie eines, zwei oder sogar drei Länder als Heimat bezeichnen ?

„Falls das Wort ‚Heimat‘ eine starke emotionale Bindung mit einem einzigen Ort bedeutet, so war anfangs Tschechien meine Heimat. Mit der Zeit sind mir aber alle drei Länder ans Herz gewachsen. In dem zweiten und dem dritten Land war es anfangs wichtig, mit der Sprache, der Kultur und mit den Menschen vertraut zu sein. Ich fühlte mich manchmal wie ein kleines Kind, das alles neu erlernen muss. Es war nicht immer einfach. Heute fühle ich mich in allen drei Ländern zu Hause, und was dort passiert, betrifft mich. Ich bin damit sehr zufrieden.“