von Maria Schmelter
Ruhestand leben will gelernt und eingeübt werden. Es gibt wichtige Aufgaben zu bewältigen, aber es lohnt sich.
„Ruhe bitte“, so lautete das Titelthema in Brigitte woman 02/2019, darin hatte eine Frau, mitten im Leben, täglich sich aufreibend zwischen den Anforderungen des Berufs und den Anforderungen der Familie, formuliert:
“ Ich will Ruhestand, ohne dafür alt sein zu müssen,
Erholungszeit, ohne vorher krank zu sein,
Guten Gewissens
Nichtsnutzig nichts tun.“
Ich kann mich sehr gut erinnern, an diese Zeit, alleinerziehend mit zwei Söhnen, mitten im Berufsalltag stehend, in der ich diese Wünsche aus vollem Herzen teilte.
Aber nun habe ich meinen Ruhestand erreicht, und habe es für mich so umgeschrieben:
„Ich habe Ruhestand und bin dafür älter,
lebe meist ohne Uhr, in meinem eigenen Rhythmus,
kann guten Gewissens nichtsnutzig
ganz viel tun und lassen.“
Aber wechselt man am Ende der Berufstätigkeit einfach in einen fast paradiesischen Zustand? Mit nichten.
Die neue Tagesstruktur
Eine erste große Aufgabe ist es dieser nun im Übermass zur Verfügung stehenden Zeit eine neue Struktur zu geben und auch für das rechte Mass an Kontakten zu sorgen. Die Möglichkeiten reichen vom Rentnerstress bis zu Lethargie und Langeweile.
Neue Bedeutung gewinnen
Eine zweite große Aufgabe ist es mit dem Bedeutungsverlust, den das Ende der Berufstätigkeit mit sich bringt, fertig zu werden.Von Beruf bin ich Sozialarbeiterin und habe mit Engagement die Freiräume, die meine Arbeit mir bot, genutzt und gestaltet und dafür eine Menge Anerkennung bekommen.Ich konnte Gruppenangebote fortsetzen, die ich schon während meiner Berufstätigkeit nebenamtlich ausgeführt hatte. Bei der Auswahl meines ehrenamtlichen Engagements geht es immer auch, um die Bedeutung für andere.
Dem Geist Nahrung geben
Ich besuche gerne Veranstaltungen, die mir neue Anregungen geben und die mir den Austausch mit Gleichgesinnten ermöglichen. So bin ich auf ViLE Netzwerk der Uni Ulm gestoßen, ein virtuelles und reales Lern- und Kompetenz-Netzwerk älterer Erwachsener e.V. www.vile-netzwerk.de
Das Schreibcafe ist Teil des ViLE Netzwerkes.
Die BAGSO die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. hält ebenfalls reichlich Anregungen bereit www.bagso.de
Den Körper aktiv halten
Die 4. große Aufgabe ist es Routinen zu entwickeln für Dinge, die dem Körper gut tun. Da ich ein Sportmuffel bin, habe ich das mit Blick auf die nicht vorhandene Zeit nach hinten verschoben – in den Ruhestand eben. Ich habe mich jetzt einer Seniorensportgruppe angeschlossen.
Den Papst sehen und danach sterben
Sie war eine gläubige Frau und dachte, da hat bestimmt der Teufel seine Hände im Spiel.
Als sie nun eines Tages in der Westfälischen Presse las, der Papst komme nach Paderborn, da fasste sie einen Entschluss. Sie wollte den Papst sehen und danach sterben.
Am Tag des großen Ereignisses zog sie ihr schönstes schwarzes Kleid an und verließ im Morgengrauen das Haus. Sie ging zum Bahnhof um den 1. Zug nach Paderborn zu erwischen. Statt eines freundlichen Mannes am Schalter, gab es dort einen Automaten,der Fahrkarten verkaufte. Aber welchen Knopf sollte sie drücken? Sie kapitulierte und es war wegen der frühen Stunde niemand da, den sie hätte um Hilfe bitten können. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel und fuhr schwarz.
Angekommen in Paderborn,war es einfach, den Ort zu finden, an dem der Papst erwartet wurde. Sie musste nur den Massen folgen. Ihre Beine waren aber langsamer, so kam sie erst mit den Nachzüglern an. Sie stand vor den Absperrgittern, die in unendlich vielen Schleifen zum Eingang des Stadions führten. Weil sie ja schon spät dran war, nahm sie Anlauf und überkletterte sie die ersten Absperrungen, schließlich war sie in der Schule eine gute Hürdenläuferin gewesen. Aber dann ließ die Kraft nach und sie blieb oben auf dem Absperrgitter hängen. Da zappelte sie nun, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Es ging nicht mehr vorwärts und nicht zurück.
Aus dem Stadion hörte sie frenetischen Beifall, der Papst musste eingetroffen sein. Sie schickte wieder ein Stoßgebet zum Himmel. Zuspät, alle Türen waren fest verschlossen und außerdem wäre sie sowieso nicht hinein gekommen, denn die Eintrittskarten hatte es nur im Internetverkauf gegeben.