Ordensfrauen verändern die Welt

Von Erna Subklew

Während meiner Schulzeit hörten wir von Albert Schweitzer. Sein Wirken in Lambarene in Gabun (Afrika) beeindruckte uns so stark, dass unsere Lektüre Bücher über Afrika wurden. Darüber hinaus war damals unser Ziel, selber nach Afrika zu gehen und dort zu helfen.

Schweitzers Wirkung auf andere

Daraus ist nichts geworden. Aber möglicherweise hat sein Wirken andere so stark beeindruckt, dass sie seinen Weg einschlugen oder aber die Zeit war reif für ein solches Handeln. Man wollte andere Völker an den medizinischen Fortschritten teilnehmen lassen.

Unter den Menschen, die von Europa aus den Kranken und Schwachen halfen und die noch helfen, waren auch drei Frauen, die wie Schweitzer aus ihrem Glauben heraus handelten. Sie gingen allerdings nicht nach Afrika, sondern nach Asien, nach Indien und Pakistan. Sicherlich gibt es noch wesentlich mehr engagierte Frauen, nur sind sie weniger bekannt und erhielten keine Ehrungen und es wurden keine Bücher über sie geschrieben.

Anna Dengel

Anna Dengel

Eine der engagierten Frauen war Anna Dengel. Sie wurde 1892 in Tirol geboren. Nach ihrer Schulausbildung ging sie 1913 nach Irland, um da Medizin zu studieren, was dort schon möglich war, in ihrem Heimatland jedoch noch nicht. Ihr erster Einsatz erfolgte in Amerika.

Am Rande von Washington DC arbeitete sie zusammen mit zwei anderen Ärztinnen in einem kleinen Haus am Rande der Stadt. Ihre medizinische Arbeit führte sie zu der Erkenntnis, dass es nicht möglich sei, mit den Einschränkungen, denen die Ordensfrauen aufgrund ihrer Regeln bei der medizinischen Tätigkeit unterlagen, effektvoll zu helfen. So durften Ordensschwestern beispielsweise keine Entbindung durchführen und nicht als Hebamme arbeiten. Dies veranlasste sie, einen anderen Weg zu gehen. Wegen des bestehenden Kirchenrechts gründete sie zunächst eine fromme Gemeinschaft, eine Pia Civita. Erst als neun Jahre später ihr Kampf gegen die Einschränkungen Erfolg hatte, den Ordensleuten wurde der volle medizinische Dienst erlaubt, wurde diese Gemeinschaft in einen Orden umgewandelt.

Verbreitung des Ordens

Die Ordensgemeinschaft verbreitete sich rasch über Länder und Kontinente. So gibt es heute den Orden „Missionsärztliche Schwestern“ in Afrika, Nord- und Südamerika, Indien, Indonesien, Pakistan und den Philippinen. Er hat 600 Schwestern aus 23 Nationen. In Europa ist der Orden in den Ländern Belgien, Deutschland, England, Holland und Italien vertreten. In Deutschland tragen die Schwestern keine Tracht.

Die Aufgaben des Ordens umfassen neben der seelsorgerischen Tätigkeit, die Jugendarbeit, Kranken-, Alten- und Gefängnisarbeit. Eine wichtige Aufgabe sind auch die Projekte für Aidskranke und Aidswaisen.

Anna Dengel selbst arbeitete in Rawalpindi in Pakistan.

1973 legte sie die Leitung in andere Hände. Drei Jahre später erlitt sie ihren ersten Schlaganfall. 1980 starb sie und wurde auf dem Friedhof Santo Teutonico im Vatikan begraben.

Mutter Teresa

Mutter Teresa in Bonn, Turelio

Zehn Jahre nach Anna Dengel wurde in Skopje (Albanien) Anjeze Gonxha Bojaxhin als Tochter eines albanischen Kaufmanns geboren. Schon als Kind war sie sehr fromm, was sich noch steigerte, beim Tod ihres Vaters, als sie gerade einmal acht Jahre alt geworden war. Mit 18 Jahren trat sie dann in den Orden „Schwestern von Loreto“ ein. Eine Mitschwester aus dieser Zeit sagte: Wir hätten niemals daran gedacht, dass sie so bedeutend werden würde. Sie war ein ganz normales, fröhliches Mädchen“. Später wurde sie von Rom für ihre soziale Arbeiten freigestellt
1929 ging sie nach Indien und arbeitete zunächst als Lehrerin in den Städten Colombo, Madras und Kalkutta.

Bei einer Fahrt durch Indien spürte sie die Berufung, sich der vielen Armen, die sie sah, anzunehmen. Sie wandte sich an Rom, um für diese Arbeit freigestellt zu werden. Zunächst arbeitete sie als Einzelperson. Als viele ihrer ehemaligen Schülerinnen zu ihr stießen, gründete sie 1950 den Orden „Missionarinnen der Nächstenliebe“.

Als Indien ein eigener Staat wurde, nahm sie die indische Staatsbürgerschaft an.

Arbeit des Ordens

In Indien gründete Mutter Teresa die Sterbehäuser, in die sie Todkranke von der Straße auflas, damit sie in Ruhe sterben konnten. Sie richtete Waisenhäuser ein und sorgte sich um Lepra- und Tuberkulosekranke. Auch ein Heim für ledige Mütter entstand. Insgesamt waren es 517 Einrichtungen, die ihre Arbeit aufnahmen. 1965 wurde die Arbeit des Ordens ausgeweitet, er arbeitet von da an auch in 153 anderen Ländern, unter anderem in Deutschland.
Heute gehören dem Orden ungefähr 3000 Ordensschwestern und 500 Ordensbrüder an.

1971 erhielt Mutter Teresa den Friedensnobelpreis. Anstatt des Festessens und einem Auto ließ sie sich das Geld, das dafür vorgesehen war, aushändigen. Am 5. September 1997 starb sie. Vor allem nach ihrem Tod unterlag ihre Arbeit starker Kritik.

Anna Dengel und Mutter Teresa – ein Vergleich

Anna Dengel und Mutter Teresa waren altersmäßig nicht weit auseinander. Beide kannten sich, trotzdem waren sie grundverschieden.

Schon sehr zeitig setzte die Kritik an der Arbeit von Mutter Teresa ein. Man warf ihr unter anderem Geldverschwendung, Ausnutzung der Mitschwestern, mangelnde Hygiene in den Institutionen, die Nichtanwendung der neuesten medizinischen Geräte vor, aber am meisten wog es, dass man Mutter Teresa einen konservativen Katholizismus vorwarf. So war sie gegen Abtreibung und Verhütung und versuchte zu missionieren.

Dies alles finden wir bei Anna Dengel nicht. Sie versuchte es als ihre Aufgabe anzusehen, dass mit der medizinischen Versorgung auch die gesellschaftlichen Strukturen verändert würden. Ihr war die Bekämpfung der Schmerzen wichtiger, als deren Aufopferung für Gott. Für Anna Dengel war es auch wichtig, sich für gute Arbeitsbedingungen der Schwestern einzusetzen und sie soll Mutter Teresa einen nicht gerade freundlichen Brief geschrieben haben, als sie von den Zuständen in deren Einrichtungen hörte.

Eine andere Ordensfrau

Eine ganz bekannte Ordensfrau, auch eine Ärztin, lebt noch heute in Pakistan: Ruth Pfau.

Am 9. September 1929 wurde sie in Leipzig geboren. Der Tod ihres kleinen Bruders führte dazu, dass sie nach dem Abitur sich dem Medizinstudium zuwandte und zwar in Mainz und Marburg. Während des Studiums fand sie den Weg zur Religion, zunächst zur evangelischen, dann zur katholischen. Es war die Zeit des Wirtschaftswunders. Für viele war ein Auto Zweck und Ziel ihres Lebens. Der Materialismus stieß sie so sehr ab, dass sie 1957 in die Gesellschaft der „Töchter vom Herzen Mariens“ eintrat. 1960 wurde sie von ihrem Orden nach Indien geschickt, wo sie als Frauenärztin arbeiten sollte. Während eines Zwischenaufenthaltes in Karachi nahm eine der Mitschwestern sie in die Ambulanz der Leprastation mit. Beim Anblick des Elends fasste sie den Entschluss zu bleiben.

Bis heute

2012 noch immer bei der
Arbeit Stefan Kloss; dahw

Die bis heute andauernde Unterstützung ihrer Arbeit durch die Deutsche Lepra- und Tuberkulose-Hilfe trug dazu bei, dass aus der armseligen Leprastation inzwischen das Marie-Adelaide-Leprosy-Center (MALC) geworden ist, eine in ganz Pakistan anerkannte Institution, aus der sich wiederum das nationale Lepraprogramm entwickelte. In den einzelnen Provinzen werden Außenstationen aufgebaut und Aufklärungsarbeit geleistet.

1980 wurde Ruth Pfau zur nationalen Beraterin Pakistans im Rang eines Staatssekretärs ernannt.

Ihre Ehrungen sind so vielfältig, dass die Nennung einiger von ihnen unbedeutend wirkt.

Über ihre Arbeit hat Ruth Pfau selbst etliche Bücher geschrieben.

Quellennachweis

Ingeborg Schödl: Anna Dengel – Das Unmögliche möglich machen

Links

Ruth Pfau – Ihr Leben
Mutter Theresa