Von Elisabeth Grupp
Am 12. Juli 2003 hob in Frankfurt eine „Korean Air Maschine„ von der Rollbahn ab, um nach einer Zwischenlandung in Seoul 22 Stunden später Auckland zu erreichen. Der Beginn einer Reise um die halbe Welt und quer durch Neuseeland. Wie gut, dass es Flugzeuge und Autos gibt.
Formalitäten vor dem Abenteuer
In Auckland angekommen dauerte die Abfertigung längere Zeit. Schon während des Flugs musste man protokollieren, gesund und in den letzten sechs Monaten nicht inhaftiert gewesen zu sein. Besonderes Verbot galt dem Mitbringen von Essenswaren jeglicher Art. Bei der Gepäckabfertigung waren Beamte mit ihren Schnüffelhunden anwesend und trotz meiner Beteuerung, nichts im Gepäck zu haben, musste ich alles zur Kontrolle öffnen.
Endlich angekommen, lagen sich Mutter und Tochter zur Begrüßung in den Armen. Meine Tochter kam sechs Monate zuvor in dieses Land, um ein Praxissemester in Pflegewissenschaft zu absolvieren.
Vorbereitung zu Hause
Es war mitten im Sommer, als ich mich von einer kleinen Gärtnerei mit leidenschaftlichem Pensionär-Gärtner, der mein Mann war, für fünf Wochen trennen musste.
Meine Kinder unterwiesen ihre im Fliegen unerfahrene Mutter bis ins kleinste Detail.
Vor dem Abflug sollte ich im Gate nach deutschsprechenden Mitreisenden Ausschau halten. Nach dem Abflug hätte ich wegen der Luftzirkulation Sorge zu tragen, warm eingehüllt zu sein. Wegen eventueller Thrombose hatte ich Spritzen dabei und bei der Zwischenlandung sollte mich eine Dame auf dem Transfer begleiten.
Nichts traf zu
Scheinbar nur von Koreanern umgeben trat ich die Reise an, alleine, nicht englisch sprechend, nur auf meine Beobachtung und Zeichensprache angewiesen, verbrachte ich den ersten Teil der Reise. Nach bester Versorgung entspannte ich mich wunderbar. Die Flugroute war angegeben über Kopenhagen, Minsk, Moskau, Sibirien, Mongolei, Beringsee, Seoul.
In Seoul gab es keine Transfer Begleitung und so suchte ich das entsprechende Gate auf und richtete mich auf sechs Wartestunden mit einer Wasserflasche ein.
Irgendwann saß eine koreanische Familie mir gegenüber. In Abwesenheit der Frau versuchte der Mann mehrmals vergeblich, den Buggy seines Kindes zusammen zu klappen. Ihn beobachtend stand ich wortlos auf, fuhr mit der Hand durch die Gestänge und der Wagen faltete sich zusammen. Der Mann fand das so lustig, er stand auf und verneigte sich vor mir. Wo um alles in der Welt erfährt man so eine Ehrerbietung.
Die zweite Route ging über Nagasaki, Fidschi Inseln, südlicher Flug, Äquator
Auckland, willkommen im Land der Kiwis
Endlich in Neuseeland angekommen übernahm meine Tochter die Führung, ich hatte ausgesorgt. Wir hatten ein Auto und übernachteten in Backpacker, die unseren Jugendherbergen gleich kamen. Die Häuser waren sehr einfach gehalten, mit einer Küche zur Selbstversorgung, einem Aufenthaltsraum, Schlaf- und Waschräumen. Die dortige Jahreszeit war im Juli das Ende des Winters mit Beginn des Frühlings.
Nach Erzählungen soll es der kälteste Winter seit 25 Jahren gewesen sein. Besonders kalt empfanden wir die Nächte, die eine Kopfbedeckung erforderlich machten. In den Schlafräumen konnte man für die Beheizung einen Knopf drücken, der aber nach kurzer Zeit heraussprang und somit die Heizung wieder ausschaltete. Um nicht immer aufstehen zu müssen, füllte meine Tochter den eingedrückten Knopf mit Münzen auf und überklebte dieselben mit Hansaplast. So war der Knopf gehalten und wir hatten es meistens warm in der Nacht.
Die Nordinsel durchqueren
Von Auckland durchfuhren wir die Nordinsel in Richtung Wellington. In Tagesabschnitten mit gebuchten Übernachtungen erlebten wir die Schönheiten des Landes.
Zuerst die Huka Falls, Wasserfälle beim Lake Taupo, dem größten See Neuseelands, anschließend die Taupo-Vulkan-Zone, auch Mondlandschaft genannt. Überall brodelte die Erde, sie kochte, schmatzte, es dampfte aus dem Boden heraus. Weiter ging es zu botanischen Gärten mit blühenden Kamelien, alle Sorten und Arten. Was bei uns nur unter Glas wachsen konnte, sah man hier im Freien. Die Landschaft war so abwechslungsreich in Form, Gestalt, in Farben mit einer unvorstellbaren herrlichen Pflanzenwelt.
Von Auckland aus haben wir 900km zurückgelegt.
Von Wellington zur Südinsel
Nach drei Stunden Überfahrt, legte die Fähre in Picton an. Wir fuhren an den Marlborough Sounds vorbei, mit zerklüfteten Felsen, die gegen das Land aufgeforstet waren.
Angekommen ging es mit dem Auto an der Westseite weiter zur Tasman Bay in atemberaubender Serpentinenfahrt, entlang an Hängen mit blühenden Clematis und gelbem Stechginster. Unten das Meer, über uns blauer Himmel. Es war zum Jubilieren ob solcher Schönheit!
Im Aqua-Taxi flitzten wir vorbei an Vogelkolonien, begleitet von Delphinen und Seehunden, Felsen lagen vor uns, welche aufgeschichteten Pfannkuchen gleich-kamen. Auf dem Weg zu den Milford Sounds hatten wir Gelegenheit, mit einem Helikopter über die Sounds zu fliegen und auf einem mit Schnee und Eis bedeckten 2000er zu landen.
Zu den Milford Sounds fuhren wir noch 120 km dicht zwischen gewaltigen Felsen und Schluchten mit gigantisch herabstürzenden Wasserfällen.
Die Landschaft hatte tausend abwechselnde und immer schönere Gesichter.
Auf der Ostseite der Südinsel
Während die Westseite mehr rauer, rustikaler und zerklüfteter mit Goldgräber-Ver-gangenheit beladen war, so zeigte sich die Ostseite mit großen Weideflächen auf denen Unmengen von Schafen weideten.
Die größten und bekanntesten Städte sind Dunedin und Christchurch mit ihren Universitäten. Hier studieren viele Maoris, die Ureinwohner des Landes. In der Stadt Christchurch hatten wir ein lustiges Erlebnis. Auf unserer Erkundung entdeckten wir die abendliche Ankündigung der Oper Lakmé. Meine Tochter fragte die Dame an der Kasse wegen einer Ermäßigung für Studenten und konnte statt 70 Dollar für 30 einen Eintritt bekommen. Ganz begeistert forderte meine Tochter mich auf, meinen Studentenausweis von Schwäbisch Gmünd herauszuholen. Ich sagte: “Ja, und zeigte der Dame meinen Rentnerausweis. Die Dame schaute und sagte:“ Yes, verry well“ und so hatte ich ebenfalls eine billige Karte.
So einen Streich muss man erlebt haben.
Auf der Rückreise
feierte ich meinen 65. Geburtstag in einem privaten Backpacker. Bernadette kannte das Ehepaar, er Maori, sie Engländerin, die Kinder waren schon ausgezogen. Das Essen wurde für uns zubereitet. Danach holte der Herr des Hauses seine Gitarre und spielte maorische Lieder. Zu später Stunde lehrten sie uns mit allen Gästen den „Haka“. Es ist ein National-Tanz, der zum Start von Sport aufgeführt wird. Der Herbergsvater servierte uns Kaffee und unterhielt die Gäste. Um Mitternacht gratulierte er mir mit einem Kuss auf maorische Art. Man berührt nicht die Lippen, sondern die Nase, dabei schaut man sich mit offenen Augen an. „Andere Länder, andere Sitten“.
Zu erwähnen bleibt der erbitterte Feind der Neuseeländer, das Possum. Das Tier – halb Hase, halb Eichhörnchen – nagt den oberen Teil der Bäume ab und bringt sie dadurch zum Absterben.
Auckland und Rückflug
In Auckland angekommen verkauften wir unser Auto ohne Verlust an Touristinnen. Wir verabschiedeten uns bei Bekannten und brachten unser Gepäck mit einem Leih-auto zum Flughafen. Es war uns wehmütig ums Herz.
Meine Tochter Bernadette schrieb in mein Reisebuch: „Sechs Monate Spannung und es wurde wahr – Du kamst in Auckland an. Die Reise mit dir runter an die Westküste, rauf an die Ostküste, übersetzen zur Nordinsel und zurück nach Auckland war gigantisch und wird mir immer in Erinnerung bleiben. Vielen Dank für die wunderschöne Zeit mit Dir und für die umsonst gebotenen nächtlichen Schnarchkonzerte. Ich hab Dich lieb und drück Dich feste – Deine Bernadette“.