von Erna Subklew
Wer hat nicht schon von der Seiden-, der Salz-, der Silberstraße, den Römerstraßen oder ähnlichen Straßen gehört. Sie haben ihre Namen erst lange nach ihrem Entstehen erhalten, nachdem man festgestellt hatte, wozu sie benutzt wurden. Eigentlich bekommen Straßen aber ihren Namen viel eher.
Namensgebung
Wie gesagt, die Namensgebung von Straßen und Plätzen erfolgt zeitig. Straßen und Plätze erhalten ihre Namen vor allem in Neubaugebieten, wo durch die neuen Häuser neue Straßen und Wege entstehen.
In Europa bekommen die Straßen vor allem Wortnamen. In Deutschland gibt es nur die Stadt Mannheim, wo die Straßen anstatt Wortnamen Nummern tragen. Das soll angeblich bei der Suche nach einer Adresse sehr vorteilhaft sein, aber ich wohne eigentlich lieber in einer Kaiserstraße als in der 568. Straße.
Straßennamen im Mittelalter
Die Namen der Straßen sagen in der Regel etwas über die Zeit aus, in der sie gegeben wurden. Oft kann man daher aus dem Straßennamen schließen, ob es sich um eine alte, ältere oder jüngere Straße handelt.
Alte Straßen tragen vor allem Flurbezeichnungen, wie Schafsweidstraße oder Ochsenanger. Im Mittelalter trug dann wenigstens eine Straße den Namen des Kirchenheiligen des Ortes. So gibt es dann bei der Josefskirche die Josefskirchstraße.
Meist siedelten sich um die Kirche auch Handwerker und Handelstreibende an und die Gässchen erhielten dann Namen wie Kannengießer-, Gerberstraße oder Bäcker- und Metzgergasse und man konnte sogar sicher sein, dass gleich mehrere Vertreter des gleichen Gewerbes sich dort befanden.
Auch Straßennamen wie Gutleutstraße, An der Zehntscheune, Am Galgengericht stammen aus dieser Zeit.
Im Absolutismus
Zur Zeit des Absolutismus, als Kaiser und Könige die Welt beherrschten, gab es natürlich in jeder Stadt, die etwas auf sich hielt, eine Kaiser- oder Königsstraße oder -allee. Brauchte man noch weitere Namen, nahm man die Vornamen der Herrscher. So hatte man natürlich in Preußen Friedrich- und Wilhelmstraßen, in Bayern aber Maximilian- und Ludwigstraßen. In Österreich dagegen fand man die Habsburgergasse und den Franz-Joseph-Kai. In den kleineren Fürsten- und Herzogtümern war es ähnlich.
In der Gründerzeit
In der Gründerzeit, als man oftmals gleich ganze Viertel neu erbaute, gab man diesen bestimmte Namen und die in diesem Viertel verlaufenden Straßen erhielten dann Namen, die einen Bezug zum Namen des Viertels hatten. In Berlin gibt es ein Bayerisches Viertel dessen Straßen Namen Bayerischer Städte tragen: Augsburger Straße und andere. Natürlich gab es auch Dichterviertel, wo die Straßen gehäuft die Namen großer Dichter tragen: Goethe-, Schiller-, Eichendorff-.
Im Nationalsozialismus und der DDR
Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden die Straßen sehr oft nach den damals agierenden politischen Größen benannt. Jeder Ort und sei er noch so klein, hatte natürlich eine Adolf-Hitler-Straße oder einen Adolf-Hitler-Platz.
In der DDR dagegen gab es Otto-Grotewohl- und zahlreiche Marx-, Engels-, Liebknecht- und Rosa-Luxemburg-Straßen, wobei die letztgenannten, im Gegensatz zur Otto-Grotewohl-Straße, bei der Wiedervereinigung meist nicht geändert wurden.
In der Neuzeit
Als die Anzahl der Straßen immer größer wurde, machte man Anleihen bei der Biologie und nannte die Straßen nach Blumen: Tulpenweg, nach Bäumen: Lindenstraße, nach Vögeln: Meisenweg.
Heute kommen auch Politiker anstatt der Herrscher wieder zu Ehren, allerdings darf es sich dabei nicht um lebende handeln. Trotzdem halte ich es für gefährlich, denn sollte sich die politische Landschaft einmal ändern, müssten auch viele Straßennamen wieder ausgetauscht werden.
So will man ja heute beispielsweise Agnes Miegel den Straßennamen aberkennen, weil sie angeblich Beziehungen zum Nationalismus hatte. Frauennamen sind übrigens sehr wenig bei Straßen vertreten. Deswegen will man jetzt bei neuen Straßen vor allem die Frauen berücksichtigen.
In Frankfurt am Main hat man eine erwähnenswerte Sitte eingeführt: An jedem Straßenschild hängt ein Täfelchen mit kurzen Informationen zum Straßennamen.
Berühmte Straßennamen
Jeder, ob groß ob klein, kennt zwei Straßennamen, die es in der Wirklichkeit so nicht gibt: die Linden- und die Sesamstraße. Aber es gibt viele Straßen, die ebenso bekannt sind und die man wirklich aufsuchen kann.
Von Berlin kennt man die Straße Unter den Linden, die zunächst dem Kaiser als Reitweg diente und natürlich den Kurfürstendamm.
Von Hamburg dürfte man vor allem die durch St. Pauli verlaufende fast einen Kilometer lange Straße Reeperbahn kennen.
Schon seit vielen Jahrzehnten spricht man von Düsseldorfs Königsallee, der Kö, wie sie von den Düsseldorfern genannt wird.
Ebenso ist fast jedem Touristen die Drosselgasse in Rüdesheim ein Begriff und auch die Frankfurter Zeil ist weit über Hessens Grenzen hinaus bekannt, soll sie doch die umsatzstärkste Straße Deutschlands sein.
Berühmte ausländische Straßen
Wer kennt nicht den Broadway? Mit 28 Kilometer Länge die längste Straße New Yorks.
Von London kennt man die Downing Street, den Amtssitz der Regierung, von Paris sicherlich die Prachtstraße Champs Elysées, die zum Place de la Concorde führt.
Sicherlich gibt es noch mehr Straßen, die sehr bekannt sind, die genannten sollen nur als Beispiel dienen.
Im Internet findet man bei vielen Städteinformationen neben der Auflistung der Straßen auch eine Erklärung zu den Straßennamen.