von Carmen Hill
Heute wollte ich nach Tunesien fliegen. Meine Familie besuchen.
Es ist nicht möglich, da das Corona-Virus die Welt lahmlegt. Nichts geht mehr. Wir sind im Moment unserer Freizeit beraubt.
So denke ich über meine vielen Reisen nach.
Mit dem Rucksack nach Kreta. Mit dem Auto nach Griechenland, Frankreich, Bretagne, Spanien, Portugal. Auf der Route Richtung Santiago de Compostela (wusste ich damals noch nicht), und das mit zwei kleinen Kindern und ohne Werkzeug im besten Auto der Welt, der Ente 2 CV. Es war ein Cabrio, Kinderwiege, Transportmittel usw. zum Glück. Immer von jetzt auf nachher. Zwei Tage vorher gepackt. Am übernächsten Morgen Richtung dorthin, wo es uns gefallen hat. Ich hatte damit immer gute Erfahrungen gemacht. Auch mit einer organisierten Reise, die von der Missionsarbeit nach Ghana führte.Wenn ihr mehr über Reisen erfahren wollt, müsst ihr mir nur Bescheid sagen, dann kann ich weiter berichten.
So, jetzt aber zu der wichtigsten Reise, die mein Leben verändern sollte vor ca. 25 Jahren – nach Afrika / Tunesien. Dieses Tunesien gehört heute zu meinem Lebensweg wie Deutschland. Es ist meine 2. Heimat.
Wie es begann
Mein privates Leben war etwas chaotisch. Die Kinder waren in Urlaub bei ihrem Vater und ich saß zu Hause im großen Garten. Warum gehe ich nicht auch in Urlaub? Es ist Sommer. Ab aufs Reisebüro, Last-Minute-Angebote einholen. Nach Hause, Prospekte anschauen. Aha, Afrika, Tunesien, das Tor zur Sahara. Ja, das will ich, der Traum meiner Kindheit. Afrika!
Ab aufs Reisebüro, in zwei Tagen Abflug Frankfurt – Tunis, zwei Wochen Hotel mit Transfer Hammamet. Ich war pünktlich zwei Tage später in Frankfurt am Flughafen. Habe niemandem Bescheid gesagt. War für mich gut so. Ankunft in Tunesien nachmittags. Vor dem Flughafen Karthago / Tunis wurde ich mit einem VW-Bus als einziger Gast für das Hotel abgeholt. Es war windig, die Sonne lachte.
Ich war in Afrika und war in dieses Land auf Anhieb verliebt. Ab ging die Fahrt Richtung Hammamet. Die Landschaft war sehr mediterran. Pinien, Palmen, Olivenbäume, Plantagen etc. Auf einmal zwei riesige Berge, einer rechts, einer links. Es sah aus wie ein Tor (so sieht es in der Erinnerung für mich heute noch aus). Es ging durch eine Hochebene den Berg hinab. Das Meer – wie himmlisch, bald bin ich dort. Auf der Fahrt ließ ich mir den Wind um die Ohren blasen. Ich sog den Duft der Orangenblüten, Zitronenblüten, von Jasmin, von Oleander, von Safran sowie den Geruch des Meeres ein.
Hotel Tanfos, da sind wir.
Was für eine kühle Empfangshalle. Was für eine meergrün bemalte Decke im Empfang! Also rasch ins Zimmer, Badeanzug an, ab ins Meer. Abends schauen, was es für Touren gibt. Aha, Hammamet. Es war Medina-Hammamet mit Führung durch diese wunderschöne Altstadt mit seinen kleinen Gässchen, Souvenirlädchen. Wunderschön die weißen Häuser und Blumenläden und Gitter vor den Fenstern.
Da will ich leben, war mein Gedanke (23 Jahre später habe ich dort für 2 Jahre gelebt und vermisse es immer noch).
Am nächsten Tag Fahrt mit einem eisgekühlten Bus in die Sahara. Später befuhr ich die Strecke mit meinem Auto selber. Es ging in Richtung Matmata zu den Höhlenwohnungen, hauptsächlich durch Olivenhaine und eine plötzlich auftretende Steinwüste. Ockergelb, die Farbe des Lebens, und es war heiß, ca. 50 Grad in der Sonne. Weiter durch eine ockerfarbene, sandige, felsige Gegend. Ab und zu eine Palme und eine Kamelherde. Recht schnell waren wir mit dem eisgekühlten Bus in Douz, einer Oase am Rande der Sahara. Es ging ins Hotel.
Dann weiter zu den weißen Sanddünen hin zu den Kameltreibern. Ich wollte nicht auf einem Kamel reiten. Ich hatte Angst. Später habe ich in Tunesien nie mehr Angst gehabt, und vom Kamel wollte ich auch nicht mehr runter. Am liebsten wäre ich bei dem herrlichen Sonnenuntergang weiter in die Sahara geritten.
(Kam alles dann ein paar Jahre später, allerdings mit dem Jeep.) So, jetzt zu dem Moment, der meinem Leben eine andere Richtung gab: Ich saß mit dem Reiseleiter und einem anderen Touristen im herrlichen Garten, der mit Jasmin, Hibiskus, Oleander begrünt war. Da saßen wir drei und unterhielten uns über alles Denkbare. Der Jasmin strömte betörende Düfte aus, auch der Sand roch herrlich, der Abend war angenehm mild. Die Stimmung grenzte an Verzauberung. Was war das? Auf einmal ein dumpfes Geräusch, wie eine Tram, die anfährt. Es wurde immer lauter. Was war das? Der Reiseleiter meinte, es sind die Trommeln von einer Berberhochzeit, sie kommen aus der Sahara. Jetzt war ich vollends hin- und hergerissen.
Ich rieche heute noch den Jasmin. Ich höre heute noch die Trommeln. Ich will das alles auch erleben, war mein größter Wunsch. Es war eine Magie, die ich nicht beschreiben kann. Es war Afrika, es war Begeisterung – mit dem Blick ins Paradies?
Ja, ich habe wirklich viele Hochzeiten und Feste mitfeiern können. Viele liebenswerte Menschen kennengelernt. Ein Vierteljahr später wurde ich von Einheimischen zu einer traditionellen Hochzeit eingeladen. Aber das ist eine andere Geschichte. Ich vermisse Tunesien, meine Familie und mein Leben dort – meine 2. Heimat.