Als ein Geschenk noch ein Geschenk war

von Maria Schmelter

Von den Geschenken in der Nachkriegszeit zur Geschenkkultur heute und wie man dazwischen den eigenen Weg finden kann.

So war das früher

Schenken ist das Thema dieser LernCafe-Ausgabe kurz vor Weihnachten, denn Schenken hat an Weihnachten Hochkonjunktur.

Mir fiel zu diesem Thema sofort ein Bild aus meinem Familienalbum ein. Es zeigt meinen damals 3-jährigen älteren Bruder, der mit einem Auto in der Hand und einer Holzeisenbahn unterm Weihnachtsbaum sitzt. Links von ihm stehen ein Struwwelpeterbuch und eine Zelluloidpuppe, diese Geschenke waren meiner 2-jährigen Schwester zugedacht. Das Foto stammt aus dem Jahr 1952. Die Menge und Auswahl der Geschenke ist sicher typisch für diese Zeit.

Wie ganz anders sieht es unter heutigen Weihnachtsbäumen aus (wenn es sie noch gibt)! Da liegen Berge von Geschenken, und die Kinder sind oft mit der Fülle hilflos überfordert.

Oft beschleicht mich der Gedanke, wäre Weihnachten als christliches Fest nicht schon vorhanden, die Industrie würde es als Absatzevent erfinden.

Sobald der Weihnachtsrummel beginnt, wächst meine Abneigung, in die Stadt zu gehen. Umgeben von Weihnachtsduselmusik und schiebenden, gestressten Menschenmassen, mag bei mir keine Freude am Schenken aufkommen.

Aber vielleicht habe ich ja den neuesten Trend verpasst und gar nicht gemerkt, wie ruhig es in der Stadt vor Weihnachten geworden ist. Man kann ja zu Hause auf dem Sofa in aller Ruhe auswählen und die Geschenke bequem ins Haus geliefert bekommen. Dieser Trend geht spurlos an mir vorüber. Ganz gewiss, ich wünsche mir die “gute, alte Zeit” nicht zurück.

Aber was bedeutet denn Schenken heute?

Wenn ich über meine ureigene Definition von Schenken nachdenke, so ist das etwas, womit ich einem anderen eine Freude machen möchte. Und dies gelingt mir öfter bei Geburtstagsgeschenken. In letzter Zeit bin ich dazu übergegangen, Zeit bei einer gemeinsamen Unternehmung , z. B. einem Ausstellungsbesuch, zu verschenken. Ja, das kommt meiner Intention sehr nahe.

Und zu Weihnachten? Da erstehe ich die meisten Geschenke im Buchladen. So kann ich eine individuelle Auswahl treffen. Es gibt fast keinen zu Beschenkenden in meinem Umfeld, der nicht liest.

Ich unterstütze die kleine selbständige Buchhandlung in meinem Viertel, die ich ohnehin gerne besuche und wo ich auch wertvolle Tipps bekomme.

Für den einen oder anderen lege ich ein selbstgeschriebenes Gedicht dazu.

So kann ich Weihnachten gelassen entgegensehen.