von Horst Hoppe
Die Einladung erreicht mich vier Wochen vor Schuljahresende. Es ist so weit, er geht in den wohlverdienten Ruhestand
Eine Aera geht zu Ende
Auf der Abschiedsfeier sind alle versammelt: Die Kolleginnen und Kollegen, die nach den Ferien weitermachen, die Schülerinnen und Schüler, wir Ehemaligen, die wir immer noch von „unserer“ Schule sprechen, der Schulelternrat, der Bürgermeister, natürlich der Hausmeister, die „gute Seele der Schule“, zusammen mit seinen Reinigungskräften. Für sie gibt es keine Ferien, denn die Großreinigung steht an.
Und der Jubilar mit Ehefrau und Familie, aufgeregt und untypisch gekleidet, mit Krawatte und Jackett. 35 Jahre an der Schule in leitender Funktion! Eine Seltenheit: Immer am Ort, bekannt in vielen Vereinen, aktiv im Rat und in sozialen Organisationen. „Eine Aera geht zu Ende“, wird der anwesende Lokalreporter am nächsten Tag in der örtlichen Zeitung schreiben. Der Regierungsschuldirektor von der Landesschulbehörde, der die Entlassungsurkunde überreichen wird, möchte an den Buchstaben der Vornamen vom zukünftigen Pensionär Sven-Holger dessen menschlichen Qualitäten aufzählen:
S – seriös
V – vertrauenserweckend
E – energisch
N – neugierig
–
H – humorvoll
O – offen
L – lebensfroh
G – großzügig
E – ehrgeizig
R – rege
„Alles nur positive Eigenschaften“, zischt mir die gegenübersitzende Kollegin zu. „Wir kennen ihn auch anders.“
Jetzt beginnt die Zukunft
Dann treten die Schüler auf. Sie singen und tanzen, lassen Luftballons fliegen und überreichen ein Geschenk für den Ruhestand: Eine Bank für den Garten!
Dazu passt das Bild des Elternrates mit dem Spruch von Marie von Ebner Eschenbach:
Doch energisch widerspricht der frische Ruheständler dem Gedanken an ein zukünftig bequemes Leben. Die Universität des Dritten Lebensabschnitts will er besuchen, mit seiner Ehefrau auf Reisen gehen, den Garten pflegen und sich seinem kleinen Enkel widmen.
Dem Dank an alle, die ihn in den vergangenen Jahren begleitet haben, schließt er eine Empfehlung an seine designierte Nachfolgerin im Amt an:
Herr, gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern,
die ich ändern kann,
und die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden!