Bella Italia

von Maria Schmelter

Während meines Studiums teilte ich die Wohnung mit einer Kommilitonin, die sich bei einem Praktikum in Sizilien in einen Italiener verliebt hatte und für die klar war, nach dem Studium geht es ab nach Bella Italia.

Sie ließ keine Zeit verstreichen; kaum hatte sie den Abschluss in der Tasche, saß sie schon im Zug nach Palermo.

Ich, mit dem Reise-Lust-Gen ausgestattet, hatte mit ihr verabredet, sie in Kürze zu besuchen.

Im Zug nach Palermo

Sie schickte die Fahrkarte und schon bald saß ich im Zug nach Palermo.
Ich durfte lange Zug fahren für wenig Geld – 2 Tage und Nächte mit einer Unterbrechung in Rom.
Angst hatte ich keine, ich war ja jung. Wappnen musste ich mich nur gegen die Avancen feuriger Italiener, schließlich war ich hübsch und in den besten Jahren. Der Tipp meiner Freundin: ich sollte an der rechten Hand gut sichtbar einen goldfarbigen Ring tragen, zum Zeichen, dass ich schon in festen Händen sei. Ich erinnere mich nicht, ob es immer geklappt hat. Na ja, so eine bisschen begehrt zu sein hat ja auch was für sich.
Zweimal in der Nacht wurde man geweckt. Grenzbeamte kontrollierten die Pässe, beim Übergang zur Schweiz und beim Übergang nach Italien. Kein Problem, dank meines gesegneten Schlafs in jeder Lage schlummerte ich sofort wieder ein, was natürlich die Fahrzeit erheblich verkürzte.
In Rom war ein mehrstündiger Aufenthalt. Ich begab mich unverzüglich in die dortige Eisenbahnerkantine, Weg und Verhalten waren mir von meiner Freundin genauestens beschrieben worden.
Und so, den Bauch gefüllt mit italienischen Köstlichkeiten ließ sich auch die restliche Etappe gut überstehen.

Palermo

noch schläft der Ätna (Bild: Autorin)

In freudiger Erwartung kam ich am nächsten Morgen in Palermo an. Alles war so anders, die Gerüche, die Hitze, die Menschen….
Vertraut war einzig meine Freundin, die mich vom Bahnhof abholte und mich zu einer respektablen alten Villa, mit marodem Charme brachte. Dort wohnte sie mit fünf italienischen Jungs in der Communita Z, (anständigen italienischen Mädels war es nicht gestattet, so etwas Verruchtes zu tun).
Es war immer viel los und es wurde viel palavert, außerdem wurde immer lange und köstlich gegessen. Ich glaube, zeitweise hat meine Freundin mit ihrem 1/2 Gehalt den Laden am Laufen gehalten. Es war eine wunderbare Zeit. Am Klang der Sprache konnte ich mich berauschen, ohne ein Wort zu verstehen.
Es folgten noch viele Besuche, oft hatte ich Freundinnen im Schlepptau und, was sage ich, so über die Jahre waren alle Männer der Communita mit deutschen Frauen liiert. Es wurde zweisprachig und bikulturell.

20 Jahre später

italienischer Strassenverkehr:
Lärm und Hektik (Bild: Autorin)

Der harte Kern (drei Paare) baute am Stadtrand ein Haus auf dem Berg. Dort gab es jahrelang kein fließendes Wasser, aber auf dem Nachbargrundstück einen Brunnen, wo man Wasser holen konnte und es gab eine wunderbare Aussicht auf die Stadt und das Meer.
Nun bin ich nach über 20 Jahren wieder dort gewesen, der Bequemlichkeit halber mit dem Flugzeug. Als dieses über dem Meer zum Landeanflug ansetzte schlug mein Herz ganz laut. Würde ich noch etwas wiedererkennen oder war alles ganz anders?
Meine Freundin holte mich ab. Bei der Fahrt in die Stadt, das gleiche lärmende Gehupe und Gestikulieren wie damals, und auch die verstaubten Palmen am Straßenrand, die Hitze und die Gerüche, alles unverändert.
Beim Gang über den Markt, am nächsten Morgen ein freudiges Wiedererkennen, die Fliegen umschwirren noch immer die Fleisch-und Fischstände. Und es gibt sie noch diese üppige Vielfalt an Obst und Gemüse. Es duftet und es darf auch einen Fleck haben und ist nicht hygienisch in Plastik verpackt.

Mein Fazit

Vieles hat sich verändert:
Ich z.B. bin älter geworden und muss mich nicht mehr gegen Anmache präparieren.
Es bedarf keiner aufwendigen Rechenaktionen mit vielen Nullen mehr, um die Kaufpreise in Lira umzurechnen.
Aber die Lebensart ist geblieben.
Natürlich haben die großen Nobelmarken auch die Einkaufsmeile von Palermo erreicht und gleichgeschaltet, aber in den Seitenstraßen gibt es sie noch, die vielen kleinen Handwerkerläden, aus denen es hämmert und pocht.
Mit geschlossenen Augen würde ich Palermo erkennen und offen gestanden, gefühlt liegt es näher an Afrika, als dass es zu Europa gehört.