Eine Buchempfehlung von Maja Prée
Ich lese gern und viel.
1954 geboren war ich ein Kind der DDR. Sicher, gut behütet und vieles  nicht ahnend. Tief war der Riss 1989. Ökonomisch geht es mir gut. Und  inzwischen kann ich auch auf vieles aus unserer Vergangenheit mit Humor  zurückblicken. 
Trabant
Zwickau war die Stadt in der das ostdeutsche „Volksauto“ Trabant 
gebaut wurde. In Zwickau aufwachsend nutzte ich in den späteren 
Schuljahren die Möglichkeit dort mein Taschengeld mit Arbeit etwas 
aufzubessern. Bereits in der Schule hatten wir im UTP Unterricht 
(Unterrichtstag in der Produktion) und ESP (Einführung in die 
sozialistische Produktion – wenn mich meine Erinnerungen nicht täuschen)
 Kenntnisse über die Entwicklung und den Bau unseres Plasteautos 
bekommen. Er war gut, er kam überall hin. In punkto Komfort hinkte er 
aber vielen anderen Automarken hinterher. Da er aber auch vieles zum 
Selbermachen bot, war er für die meist männlichen Autofahrer auch die 
vormittägliche Sonntagsbeschäftigung mit der man sich die Zeit 
vertreiben konnte. Zwickau hatte aber auch die Traditionen von Audi und 
Horch die hier gegründet worden waren, wovon heute aber leider niemand 
mehr spricht. 
 
Legende auf vier Rädern
Im Kapitel XV schriebt Jakob Hein nun genau über unseren Trabant und  einen Entwicklungsingenieur. Er schreibt, dass es bis 1975 noch eine  Entwicklungsabteilung gegeben hat, obwohl (fast) alle  Weiterentwicklungen im Papierkorb landeten. Dementsprechend schlecht  wurde im Laufe der Zeit die Arbeitsmoral der Kollegen der  Entwicklungsabteilung. Ein junger Absolvent der Technischen Universität  Dresden wollte jedoch sein Wissen nutzen und arbeitete fleißig. 
Nun  hätte man jedoch mit den Entwicklungsvorschlägen die er einbrachte,  alle Produktionsabläufe und Liefermodalitäten. Der gewohnte Ablauf von  der Produktion bis hin zur Auslieferung an den Kunden wäre womöglich  total durcheinander gekommen, und das bei einer mittlerweile ohnehin  schon 14-jährigen Wartezeit auf ein neues Auto. So wurde mit dem jungen  Kollegen ein Gespräch geführt, dass es so nicht weitergehen könne. Der  junge Kollege verstand und setzte sich in den Westen ab. Dort soll nach  den Plänen des jungen Mannes wenig später der Audi quattro gebaut worden  sein.
Ein Schelm wer arges dabei denkt. Die Kollegen der  Entwicklungsabteilung hätten garantiert zu gerne ein moderneres Auto auf  den Weg gebracht. Wer in Zwickau ins Sachsenring Museum geht, findet  dort auch einen Entwurf für ein moderneres Auto zu damaliger Zeit.  Welchen Typ es ähnlich sieht, das später woanders gebaut worden ist  sollte jeder selbst für sich entscheiden. Die Zwickauer Automobilbauer  hätten auch anders gekonnt. Aber an der Geschichte ist auch einiges  wahr. Und das ist in meinen Augen schon schwarzer Humor.
Ein Besuch von ungewöhnlichem Wert – Kapitel XXIa
Die höchste politische Führung war in die Jahre gekommen und hatte  auch den Kontakt zur Realität verloren. Betriebsbesichtigungen,  Messeeröffnungen und Besuche bei Familien wurden wochenlang vorbereitet,  Dialoge mit Gesprächspartnern einstudiert. Dabei wurden dabei wurden  dann alle Anstrengungen unternommen – gerade bei hohen Ehrengästen,  alles in einem gutem Licht erscheinen zu lassen. 
Nun wollte Margot  Honecker, die Bildungsministerin, anlässlich des Kindertages eine  Einrichtung für Kleinkinder besuchen. Die Leiterin der Einrichtung, eine  sehr resolute Frau, wies ihre Erzieherinnen an mit den Kindern ein  Programm einzuüben welches der Prüfungskommission vorgestellt und  zufriedenstellend bewertet wurde.
Die Kinder zeigten ein Programm  um das Thema Wasser, was ungewöhnlicherweise vor allem in Küche und  Baderäumen des Objektes gezeigt wurde. Die Leiterin der Einrichtung soll  während der gesamten Zeit gelächelt haben. Sie sagte später, dass sie  ohne diesen Besuch wohl nicht so schnell die dringend notwendige  Sanierung genehmigt bekommen hätte. 
Das sind nur zwei Kapitel von insgesamt XXIX. Zum Teil mit Bauernschläue verstanden es die DDR Bürger das Beste aus ihrem Land herauszuholen, zum Teil vertrieb aber auch die Blindheit der Staatsorgane gute Fachkräfte.
Jakob Hein : Antrag auf ständige Ausreise: und andere Mythen der DDR, Taschenbuch Piper 2007
Titelbild: Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Piper-Verlages (https://www.piper.de/blogger)

