von Erna Subklew
Als Ursprung unseres heutigen Reisens wird auch immer die Wallfahrt genannt. Schon die alten Ägypter, vor Tausenden von Jahren, wallfahrteten. Zwar steht bei einer Wallfahrt das Ziel im Vordergrund, die Wallfahrt ist aber gleichzeitig verbunden mit Erfahrungen, die gemacht werden, indem man andere Menschen trifft und auch andere Kulturen kennenlernt. Wenn wir anstatt Wallfahrt das Wort Pilgerreise gebrauchen, dann steckt hier schon das Wort Reise drin.
Wallfahrt, was ist das?
Wallfahrt ist nicht nur etwas spezifisch Christliches. Es gibt sie in den verschiedenen Kulten aber auch allen Religionen, wobei in den Religionen verstärkt Wallfahrten vorkommen. Die Wallfahrt ist mit dem Aufsuchen eines Heiligtums, einer Kultstätte verbunden, von der man sich Geborgenheit und Stärkung erhofft. Solche Orte können Berge, Bäume, Gräber, Stätten der Erinnerung oder bei religiösen Menschen auch Gnadenbilder und –orte sein. An solchen Orten versucht man Gnade und Hilfe zu finden. Das sucht man zu erreichen durch bestimmte Übungen, Opfergaben, Waschungen und Segnungen.
Schon die alten Ägypter wallfahrteten
Eine der ältesten bekannten Wallfahrten war die Prozession der Ägypter nach Abydos. An bestimmten Tagen im Jahr machten sich die Ägypter auf, die Nekropole Abydos zu besuchen und dort die Festprozession zu Ehren von Osiris zu feiern.
Aus dem ganzen Land kamen die Menschen und vollzogen unter bestimmten Ritualen und geheimnisvollen Zeremonien die Feier. Das Standbild vom Osiris wurde aus dem Tempel geholt und in einem langen Zug zum Kultgrab gebracht, das auf einem Hügel hinter dem Tempel lag. Der Hügel stellte, entsprechenden der ägyptischen Schöpfungsgeschichte, den Urhügel dar, aus dem die Welt entstanden ist. Bei der neuerlichen Rückführung der Statue in den Tempel wurde beim Hügel eine Stele hinterlassen. Sie garantierte dem Spender der Feier eine ewige Anwesenheit bei den Wallfahrten.
In Abydos gibt es noch viele archäologische Funde, deren Bedeutung man nicht erforscht hat. Abydos ist nur einer der Orte, zu denen man im alten Ägypten wallfahrte.
Jüdische Pilgerreisen
Pilgerreisen im Judentum gibt es seit dem Bestehen dieser Religion. Im Alten Testament sind die wichtigsten Personen wie Abraham, Isaak und Jakob aber auch andere viel unterwegs. Oftmals ohne zunächst das Ziel zu kennen. In der Antike war das Ziel der Tempelberg in Jerusalem, wohin die Pilger dreimal im Jahr, an bestimmten Festen, pilgern sollten. Für Juden, die im Exil lebten, sollte eine einmalige Wallfahrt im Jahr ausreichend sein.
Nach der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 traten an seine Stelle lokale Gräber von Propheten und Märtyrern, bis zur Rückeroberung Jerusalems 1967. Seit diesem Tag sind die Reste der früheren Westmauer, die heutige Klagemauer, wieder für Juden zugänglich und das wichtigste Ziel jüdischer Pilgerreisen neben Bethel, Gigal, Beerscheba und dem Berg Horeb. Für gesunde männliche Menschen ist die Wallfahrt Pflicht, im Gegensatz zur christlichen Wallfahrt., bei denen auch Kranke wallfahren.
Ein bekannter Wallfahrtsort in Israel, ist das Grab der Rahel in Betlehem.
Aber auch in anderen Ländern gibt es Grabheiligtümer, die aufgesucht werden. So gibt es in Deutschland solche in Rothenburg, Worms, Michelstadt im Odenwald und Frankfurt. In anderen Ländern seien Tschechien und Bulgarien genannt.
Die islamischen Wallfahrten
Im Islam gibt es die große Wallfahrt, auch Hadsch genannt, die jeder wenigstens einmal im Leben vollziehen sollte, so er es finanziell und gesundheitlich verkraften kann. Sie gehört zu den fünf Säulen des Islams, den Pflichten der Moslems, und nur sie ist verpflichtend.
Wallfahrer zu sein, bedeuteten eine große Ehre für den Wohnort und die Person. Diese durfte nach der Wallfahrt ihren Hauseingang weiß streichen, um es sichtbar zu machen, dass hier ein Wallfahrer wohnt und er durfte seinem Namen das Wort Hadschi oder bei Frauen Hadscha hinzufügen.
Die große Hadsch ging nach Mekka zur Kaaba, einem Wallfahrtsort, der schon lange vor dem Islam bestanden hat. In den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts stiftete Saudi-Arabien in Deutschland viel Geld für den Vollzug der Hadsch. Die Wallfahrt findet zu einem festliegenden Zeitpunkt statt, dem letzten Monat des Jahres.
Die Anzahl der Pilger betrug 2006 über 2 Millionen mit steigender Tendenz.
Die Wallfahrt ist ein Gemeinschaftserlebnis, daher tragen auch alle Wallfahrer beim Umranden der Kaaba ein weißes Laken als gleichmachendes Kleidungsstück.
Wer nicht in der Lage ist auf die Hadsch zu gehen, kann auch ein örtliches Heiligtum besuchen, diese Wallfahrt wird Umra genannt.
Die Pilgerwege im sunnitischen Islam folgen für gewöhnlich den Wirkungsorten von Mohammed.
Im Gegensatz zur sunnitischen Pilgerreise haben die Schiiten und Aleviten andere Heilige Orte. Meist sind es Gräber von bedeutenden Imamen.
Wallfahren bei den Christen
Obwohl der christliche Glaube auf dem Alten Testament basiert, in dem die Propheten und Gelehrte sehr mobil waren und auch die Menschen im Neuen Testament sich ständig „auf Reisen“ befanden, wir brauchen nur an die der Jünger zu denken, setzte eine regere Wallfahrtsbewegung nach Jerusalem erst im frühen Mittelalter ein.
Die erste Reise von Paulus fand bereits in den Jahren 46/47 nach Christus statt und führte von Antiochia aus über Zypern ins südliche Kleinasien (durch Pamphylien, Pisidien und Lykaonien) und dann zurück nach Antiochia
Seit dem vierten. Jahrhundert finden zwar im Christentum Wallfahrten zu den Stätten des Erdenlebens Jesu statt. Wahrscheinlich waren die Anstrengungen so eine Wallfahrt durchzuführen zu groß, die Wege zu weit, die Gefahren nicht kalkulierbar. Um diese lange Reise durchzuführen, verkauft man oft seinen Grundbesitz, manchmal mit Rückkaufrecht, und machte sein Testament.
Als die Zahl derer, die trotzdem dieses Wagnis auf sich nahmen, stieg, erließ man Schutzbestimmungen und stellte einen Schutzbrief vorwiegend für die schwedischen Pilger aus.
Unter Papst Benedikt XII folgte auch die Kirche diesem Brauch. Im fünfzehnten Jahrhundert bekamen die schwedischen Pilger, die nach Santiago di Compostella wollten, ebenfalls Schutzbriefe.
Während sowohl im Judentum, als auch im Islam das Wallfahren von gesunden Menschen durchgeführt werden soll, ist es beim Christentum so, dass auch Kranke eine Pilgerfahrt antreten und sich Heilung erhoffen. Deswegen gibt es heute in der Nähe von Wallfahrtsorten auch Krankenhäuser und Hospize.
Der am meisten besuchte christliche Wallfahrtsort ist „unsere Frau von Guadeloupe“ in der Nähe von Mexiko-Stadt mit 14 Millionen Besuchern im Jahr. Danach kommt San Giovanni Rotondo mit 7 Millionen. Die Orte Lourdes, Montmartre und Tschenstochau verzeichnen 5 Millionen und den Jakobsweg gehen immerhin noch 4,5 Millionen Pilger. Es ist ganz natürlich, dass die lokalen Wallfahrtsorte diese Zahlen nicht erreichen können.