Tagebuch meiner Reise durch Vietnam

von Brigitte Nguyen-Duong

19. April 2016

Der Riesenvogel Airbus 380, mit ca. 300 Passagieren an Bord, hebt pünktlich um 15 h MZ vom Frankfurter Flughafen ab Richtung Osten.

20. April

Strassenverkehr in Hanoi (Foto: Autorin)

Die Zeit fliegt mit, denn nach 10 Std ist es bei der Ankunft in Hanoi schon 6 h morgens. Den Jetlag, auf Deutsch “Zeitzonenkater”, überbrücken mein Mann Michel und ich mit unserer deutschen Reisegruppe in unserer ersten Unterkunft, Hotel Sunway, mitten in Hanoi an einem herrlichen euro-asiatischen Frühstücksbuffet.

Der erste Eindruck auf der Straße ist das unglaublich quirlige Leben und hektische Treiben. Ein tropischer Regen prasselt in Strömen herab, aber niemand lässt sich dadurch einschränken. Die unzähligen Motorrollerfahrer- und fahrerinnen, mit oder ohne Familie auf dem Sozi, haben sich lediglich in einen durchsichtigen dünnen Plastiküberzug gehüllt. Die Lastenträger-innen mit dem Joch über der Schulter streben schwer beladen den nächsten Handel oder Markt an.

Monumente der fast tausend Jahre alten Geschichte Hanois sind unsere ersten Ziele an diesem Vormittag:

Den Literaturtempel gründete 1070 ein Kaiser zur Verehrung des Konfuzius, und 1076 wurde hier die erste Universität des Landes eingerichtet.

Vor dem Eingangstor genießen wir dort am Straßenrand die traditionelle vietnamesische würzige Nudelsuppe PHô in einer der unzähligen Garküchen.

In der Nähe befindet sich die Ein-Säulen Pagode, das Wahrzeichen von Hanoi. Verehrt wird hier die Göttin Quan Am, die dem kinderlosen Kaiser im Traum auf einer Lotosblüte sitzend ein Kind entgegen gehalten haben soll. Wenig später gebar ein Bauernmädchen dem Kaiser einen männlichen Nachkommen.

21. April

Halong-Bay (Foto: Autorin)

Heute fahren wir mit dem Bus in eine der bezauberndsten Gegenden Asiens und nehmen Quartier auf einem komfortablen aber urig ausgestatteten Schiff in der sagenumwobenen Halong Bucht. Wie Felsnadeln durchbrechen hier ca. 2000 Inselchen die Fluten des Golfs und erzeugen zu jeder Tageszeit ein anderes Traumpanorama. Man nennt sie auch die Bucht des untertauchenden Drachens.

Eines der Inselchen erkunden wir in zauberhaft ausgeleuchteten Höhlengängen, die sich über Jahrtausende mit bizarren Tropfsteinen gebildet haben.

22. April

Wasserpuppentheater, Holzpuppen im Wasser (Foto: Autorin)

Die Rückfahrt nach Hanoi unterbrechen wir wieder bei stömenden Regen in einem kleinen Dorf, das Berühmtheit erlangte durch sein uraltes und sehr originelles Wasserpuppentheater. Die Spieler stehen im Wasser hinter der Bühne und lassen mit ihren holzgeschnitzten Figuren in einem Teich vor dem Vorhang bäuerliche Szenen aufführen, die teils dramatisch teils ironisch lustig die Gäste aus aller Welt erfreuen. Wir sitzen zum Glück überdacht im Trockenen.

Abends fliegen wir von Hanoi nach Danang und fahren zu unserer Unterkunft im 30 km entfernten historischen Hoi An.

23. April, Hoi An

Chinesischer Tempel, Hoi An (Foto: Autorin)

Diese einzige mittelalterlich erhaltene und zum Teil originalgetreu wieder aufgebaute Stadt Vietnams ist Weltkulturerbe der UNESCO. Als einstige Seehandelsstadt war sie schon zur Zeit der Seidenstraße Treffpunkt vielfältiger Kulturen. Den Fluss überspannt z. B. eine japanische Brücke. Auffällige chinesische Tempel heben sich aus der historischen vietnamesischen Stadtkulisse hervor. Wir schauen in einer Seidenmanufaktur vorbei und beobachten die Fadenspinnerei der lebenden Seidenraupen bis zur Herstellung eines Seidenstoffes.

Kulinarisch werden wir am Abend mit köstlichem Seafood verwöhnt.

24. April

Kaiser-Zitadelle (Foto: Autorin)

Über den Wolkenpass mit herrlicher Aussicht aufs Meer geht die Fahrt heute nach Hue, in die alte Kaiserstadt. Darauf war mein Mann besonders gespannt, denn er verfolgt die Wurzeln seiner Vorfahren zurück bis zur kaiserlichen Familie der Nguyen. Die Nguyen Dynastie schuf hier nach dem Vorbild Pekings die Kaiser-Zitadelle, die architektonisch eindrucksvolle “Verbotene Stadt” .

Jetzt spüren wir aber die ungewohnten Temperaturen von 30 – 35 Grad während unseren Wanderungen zwischen den überwältigeneden Tempeln und Toren der kaiserlichen Zitadelle. Ich habe mir inzwischen den typischen vietnamesischen Hut besorgt, der in seiner konischen Form den Kopf luftig vor der tropischen Sonne schützt.

Eine weitere Bustour bringt uns aus der Stadt hinaus zum Minh Mang Kaisermausoleum mit seinen Prachtbauten, unter denen irgendwo das eigentliche Grab des Kaisers versteckt wurde. Niemand darf den genauen Ort kennen.

25. April

Saigon Skyline bei Nacht (Foto: Autorin)

Vom wunderschönen Hotel mit tropischem Charme in Hoi An, wo wir uns am Pool noch etwas erholen konten, fliegen wir in die größte Stadt Vietnams, nach Saigon, das heute amtlich Ho-Chi-Minh-Stadt heißt. Hier haben sich wohl die größten Veränderungen ereignet seit Kriegsende 1975. Herr Tùng, unser Reisebegleiter während des ganzen Aufenthalts in Vietnam, der in Greifswald und Leipzig hervorragend deutsch lernte, bereitete uns bereits auf eine Metropole vor, die sich in den letzten Jahren rasant entwickelt hat. Noch können wir die Architektur des französischen Kolonialstils in weiten Straßenzügen erkennen: viele kleine Cafés, die Oper, die von Gustave Eiffel entworfene alte Post, daneben die Kathedrale Notre Dame im neogotischen Stil, wo die katholischen Gläubigen, immerhin 14 % der Einwohner, sonntags den Gottesdienst besuchen können.

Der wirtschaftliche Boom ist in der neuen Skyline unübersehbar. Die heute 7 Millionen Einwohner zählende Metropole, mit den Außenbezirken sogar 13 Millionen, hat ein Wirtschaftswachstum von bis zu 6 %, hohe Investitionen und eine niedrige Arbeitslosenquote von 2%. Derzeit entsteht ein 25 stöckiges energieeffizientes und öklogisches Deutsches Wirtschaftshaus im Zentrum der Stadt.

Ein wenig ängstlich bewegen wir uns in den motorradüberfluteten breiten Straßen, in denen auf den ersten Blick keine rechte Verkehrsordnung herrscht. Die Überquerung eines Boulevards erfordert unseren ganzen Mut. Irgendwie achten aber Verkehrsteilnehmer und Fußgänger so aufeinander, dass es zu keiner Berührung kommt. Wir schaffen es bis zum Rooftop in der 15. Etage des noblen Resaurant Rex und werden bei exotischem Cocktail und Kaiserrollen-Snack mit einem atemberaubenden Rundblick über die glänzenden Hochhäuser bis zum Saigon-Fluss belohnt.

26. April

Reisfelder mit Bewässerung (Foto: Autorin)

Aus der Stadt heraus fahren wir ins ländlich üppige Mekongdelta. Es wird als die Kornkammer Vietnams bezeichnet. Zwar sind uns schon überall im Land die weiten fantastisch grünen Reisfelder aufgefallen, die mehrmals im Jahr abgeerntet werden.

Wasserbüffel konnten wir auch noch einige sehen, aber moderne Maschinen sind für die große Landbevölkerung, man sagt 70 % der Einwohner, bei der Reisernte inzwischen schon sehr hilfreich. Im Süden sind die Bauern gerade dabei die abgeernteten Felder abzubrennen, um neue Anpflanzungen vorzubereiten. Eine vier Monate lange Bewässerung durch kleine Abgrenzungsdämme garantiert die üppige Reisernte. Vietnam ist eines der weltweit wichtigsten Reisexportland geworden.

Leckere Früchte hängen an hohen Bäumen, die uns Herr Tùng erst erklären muss. Die Früchte des Jackbaums und des Durian sind zur Zeit reif. Wir probieren mit Vorbehalt, aber sie schmecken prima.

Elefantenohrfisch (Foto: Autorin)

Zum Mittagessen sind wir bereits auf einem Arm des Mekong, wo wir in kleinen Sampan-Booten ohne Motorgeräusch durch die herrliche Stille des Urwalds zu einer Fischerfamilie gestochert werden.

Dort erwartet uns köstlich gegrillter und gewürzter Elefantenohrfisch, der in seiner ganzen Gestalt die Mitte der Tische ziert und mit Stäbchen langsam zerteilt wird.

Auf dem Wasserrückweg zu unserem Hotel in Can Tho erleben wir noch mit kurzen Stopps bei kleinen Familienunternehmen einer Kokosnussverarbeitung und einer kleinen Ziegelei, das Alltagsleben einiger Deltabewohner.

27. April

Bevor wir am Vormittag den Bus zum Flugzeug nach Kambodscha besteigen, reicht uns noch die Zeit für einen Bootsausflug zum schwimmenden Markt. Hier spielen sich alle Geschäfte auf dem Wasser ab. Unterwegs, vobei an den zahllosen auf wackligen Pfählen stehenden Uferhütten, begegnen wir mit Früchten und Gemüse voll beladene Transportschiffchen, die heutzutage jedoch nicht mehr gerudert werden sondern alle motorisiert sind. An der zentralen Marktstelle wechseln Millionen von Dong in Scheinen, (1 € entspricht 20 000 Dong) die Besitzer. Zufriedene Kunden fahren zurück zu ihren Garküchen oder Marktständen in ihrer kleinen Stadt am Mekong.

 Zum ersten Mal machen wir Bekanntschaft mit der Polizei, denn unsere Bootsfahrerin vergaß, unsere Gruppe mit Schwimmwesten zu versehen und bekommt von der Streife prompt einen Strafzettel verpasst.

An der Bootsanlegestelle steht der Bus schon bereit, samt unserem Gepäck, um uns nach Saigon zum Flughafen zurückzubringen, von wo wir Richtung Kambodscha weiterreisen.

siehe auch:

https://brigbartl.wordpress.com/vietnam/