Jenseits des Äquators – Ostern in den Herrnhuter Gemeinen

von Erdmute Dietmann-Beckert

„Die Freunde meiner Freunde sind meine Freunde.“ (aus Afrika)*

Flug und Stopp in Dubai

Von Frankfurt geht es nach Dubai, wo wir früh am Morgen landen und vier Stunden Aufenthalt haben. Der riesige Flughafen liegt im Süd-Osten Saudi-Arabiens am südlichen Persischen Golf, den ich natürlich nicht sehen kann.
In dem weitläufigen Flughafengebäude wachsen Palmen und rechts und links sind Läden und Boutiquen, Cafés, Bars und Restaurants. Es ist eine Welt für sich. Die Wartezeit bis zu Weiterflug verstreicht schnell.

Jenseits des Äquators

Inzwischen ist es Tag geworden. und ich denke bei mir, jetzt fliegen wir über den Äquator und über die südliche Halbkugel. Später beobachte ich, dass die Mondsichel nicht abgenommen hat, sie hat sogar zugenommen. Klar, es ist kurz vor Ostern und das wird gefeiert, wenn der Mond voll ist. Dann wird mir bewusst, wir sind südlich des Äquators. Deshalb sehen wir den Mond in seinen Veränderungen in anderer Reihenfolge. Eine neue Erfahrung.

Durban

Die Hafenstadt am Indischen Ozean. Wir treffen die afrikanischen Freunde und die Deutsche, Katharina, die ein Jahr in Südafrika in einem Heim für schwerbehinderte Kinder gearbeitet hat und sich nun unserer Reisegruppe anschließt. Nach einem Besuch im „Diakonia Centre“, das 1976 gegründet wurde, als die Unterdrückung der farbigen Bevölkerung zugenommen hatte, fahren wir ans Meer, den Pazifik. Wer will, kann schwimmen oder die Füße in den Ozean tauchen.
Für den Abend sind wir bei Freunden eingeladen. Es gibt Posaunenmusik und ein Abendessen vom Grill.
Die Gastgeberin zeigte uns ihr Projekt: selbst hergestellte Taschen und Schmuck. Wer wollte, konnte das eine oder andere Objekt kaufen.

Picknick im Nationalpark und ein Überraschungsessen

1. Picknick im Nationalpark (Foto:Autorin)

Um die Mittagszeit sind wir im Nationalpark bei Matatiele. Bänke oder Tische gibt es nicht. Wir lagern im niedrigen Moos an einer Anhöhe, zwischen den Felsen, die als Sitzplatz oder Tisch dienen, und genießen die mitgebrachten Brote, Würste, Obst, und Wasser und Saft. Der Blick in Landschaft ist wunderschön und lässt uns verweilen.
Deshalb kommen wir mit Verspätung nach Bethesda, dem Heim für afrikanische Waisenkinder. Wir werden überrascht. Man lädt uns zu einem Mittagessen ein und die Jugendlichen geben uns eine Tanzdarbietung. Kamen wir nicht gerade vom Picknick? Aber das wussten die Gastgeber nicht. Nach dem Essen finden wir Bewegung beim Gang zum Fluss. Zwischen verfallenen Gräbern kommen wir ans Ufer und finden die warme Quelle, von der wir gehört hatten.

Gründonnerstag in der Brüdergemeine

Am Gottesdienst zu Gründonnerstag nehmen wir in der Gemeinde Shiloh teil. Der Kirchensaal ist wie überall in den Brüdergemeinen vollkommen weiß, Wände, Kirchenbänke und Predigtstuhl und Tisch. Männer und Frauen sitzen getrennt. Bei diesem Gottesdienst waren der größte Teil der Besucherinnen ebenfalls weiß gekleidet, die Männer schwarz. Es wird viel gesungen und mir scheint, dass nicht wenige der Frauen die Lieder auswendig kennen. Brot und Wein wird in den Bänken von Person zu Person gereicht. Zu den Gebeten wird zwischen den Bänken niedergekniet. Die Frauen hatten sich kleine Kissen mitgebracht. Darauf war ich nicht vorbereitet. Deshalb legt die Nachbarin neben mir ihr Kissen vor mich. Das hat mich sehr berührt.

Im Addo Elephant National Park

2. Elephant (Foto:Autorin)

Am Eingang zum Park „empfangen“ uns das Restaurant und die Souvenir-Häuschen. Die „Gästehäuser“, auf Pfosten errichte Blockhütten, liegen verstreut zwischen den Bäumen. Sie bieten Platz für zwei bis drei Personen in Stockbetten.
Die ersten Erkundigungen vor dem Abendessen werden durch einen plötzlichen, heftigen Regenguss beendet und haben mich mit einer unfreiwilligen Dusche überrascht. Ich hatte keinen Schirm.
Am nächsten Morgen, es ist noch nicht richtig Tag geworden, fahren wir auf einem offenen Lastwagen langsam in den Tierpark. Wir wollen Tiere beobachten, die bereits in der Dämmerung zur Futtersuche aus ihren Nachtquartieren hervorkommen oder auf die Pirsch gehen.
Zunächst sieht es so aus, als sollten wir an diesem Morgen kein Tier zu Gesicht bekommen. Aber dann hören wir ein Knacken in dem niedrigen Wäldchen und erblicken die großen Ohren und den Rüssel eines riesigen Elefanten zwischen den Büschen und dem niedrigen Gehölz hervorstoßen und geradewegs auf die Straße traben. Unser Wagen und die nachfolgenden Autos bleiben stehen. Die Kameras werden gezückt und die Auslöser klicken. Später können wir noch Zebras beim Grasen beobachten und jemand behauptet, am Waldrand einen Löwen gesehen zu haben, doch das wollen wir nicht glauben.
Als die Sonne aufgeht, setzen wir uns zum Frühstück.

Ostermorgen auf dem Gottesacker

Mit Posaunen und leichtem Regen wandern wir schweigend mit der Gemeinde vor dem kalendarischen Sonnenaufgang zu dem höher gelegenen Gottesacker. Die Menschen versammeln sich schweigend unter den Bäumen und zwischen den Gräbern. Posaunen und Chor stellen sich hinter den Pfarrer, der die Auferstehung Jesu verkündet: „Der Herr ist auferstanden“. Und die Gemeinde antwortet mit den gleichen Worten. Und so begrüßt man auch die Menschen in der Nähe. Nach weiteren Osterliedern und Gebeten zerstreut sich die Versammlung. Einige Leute gehen zu den Gräbern ihrer Angehörigen und Freunde.
Die Gräber auf den Herrnhuter Friedhöfen sind alle gleich. Es gibt keine teuren Grabsteine. Auf niedrigen Steinen stehen Name, Geburtstag und Todestag des oder der Verstorbenen: „Vor Gott sind alle gleich.“ Auf manchen Steinen befinden sich auch Bibelverse.

Zwischen Orient und Okzident

3. Orient und Okzident (Foto:Autorin)

Am Cape Agulhas treffen sich die beiden Weltmeere, Ozean und Pazifik, bzw. Indischer Ozean. Dokumentiert ist es auf einer eisernen Tafel, die in ein Monument aus schweren Quadern eingelassen ist. Davor liegen im Sand zwei schmale Steintafeln mit der Aufschrift: links „Indian Ocean“, rechts“ Atlantic Ocean“.
Der Name „Agulhas“ wurde dem Ort von portugiesischen Seefahrern gegeben. Andere nannten ihn „Kap der Nadeln“. Im Internet lese ich, dass das Kap auch „Foot of Africa“ genannt wird.
Ich möchte meine Füße in den Ozean tauchen und finde eine passende Stelle zwischen den Felsbrocken.

Robben Island

4. Urwelttier und Robben Island (Foto:Autorin)

An einem der nächsten Tage ist unser Ziel die durch Nelson Mandela berühmt gewordene Gefängnisinsel, Robben Island. Mandela, der erste schwarze Präsident Südafrikas, war hier mit der Nummer 46664 achtzehn Jahre lang inhaftiert. Die Zahl 46664 bedeutet: Nelson Mandela war der 466. Gefangene und er wurde 1964 eingesperrt. Seine Gefangenschaft dauerte insgesamt 27 Jahre.
Die Insel liegt um die 18 Kilometer südlich von Kapstadt und nördlich vom Tafelberg.
Mit einem Schiff gelangen wir auf die Insel und weiter mit einem Bus zu der Gefängnisanlage. Von einem ehemaligen Gefangen werden wir durch die langen Gänge geführt.
Mandela hatte die etwa vier Quadratmeter große Zelle Nummer 5. Ich würde sie einen Käfig nennen, denn es gibt keine Tür, nur eine Gitterabsperrung. Sie ist zum Gang hin offen. Der Gefangene musste auf einer dünnen Matte schlafen und als Toilette diente ein Eimer. Die Männer standen unter ständiger Beobachtung. Tagsüber mussten die Gefangenen unter harten Bedingungen im Steinbruch arbeiten.
In einem Bericht lese ich, dass sich Mandela im Laufe der Jahre mit einem der Wärter anfreundete. Diese lebten, wie er, isoliert von der freien Welt.
Nach langen Jahren der Isolation durften sich Mandela und mit ihm einige Mitgefangene Literatur beschaffen, ein Fernstudium beginnen und mit dem Batechelor abschließen. Mandela legte sein Zweites Staatsexamen ab.
Die ersten Verhandlungen mit dem Weißen Apartheit-Regime führte Mandela bereits aus dem Gefängnis heraus.

Besuch in Wupperthal

Über eine steile schmale Schotterpiste fahren wir hinauf in Richtung Cederberge in die heutige Herrnhuter Siedlung. Die Mission der Herrnhuter Gemeine hatte 1965 die frühere Niederlassung der Rheinischen Mission übernommen.
Rund um die kleine, weiße Kirche stehen die niedrigen Häuser der Einwohner und dahinter der Friedhof, der Gottesacker, wie es in der Herrnhuter Gemeine heißt.
Wir besichtigen die „Schuhfabrik“, wo Sandalen und leichte Sommerschuhe hergestellt werden, vorwiegend in Handarbeit. Dazu werden Lederteile verwendet, die in den großen Schuhfabriken als Reststücke übrig geblieben sind.
In einer scheunenartigen Halle werden die Rooibosteestauden nach der Ernte gebündelt, nachdem sie auf den Hausdächern vorgetrocknet worden waren. Die Weiterverarbeitungerfolgt an anderen Orten.
Die Rooibusch-Teesorte wächst nur hier in den Cederbergen. Der Name kommt aus dem Afrikans und bedeutet rooi = rot, un bos = Busch, gleich Rooibusch, auch Red Cedar“. Dieser Tee ist in Südafrika Nationalgetränk. Heutzutage kann er auch in deutschen Weltläden erworben werden.
In einem der kleinen Häuser werden andere Red Cedar Produkte hergestellt und verkauft. Im Angebot stehen die unterschiedlichen Kosmetika, wie Body Lotion, Duschgel, Shampoo, Lippenbalsam und Seife und natürlich der Originaltee.

Mit der Gondel auf den Tafelberg

Schon von weitem sehe ich die Gondel, wie sie die Besucher zwischen Himmel und Erde hinauf auf das Plateau transportiert. Unsere Gruppe besteigt die Gondel. Es ist spannend, so dicht am Felsen vorbei in die Höhe geschaukelt zu werden.
Der Blick von oben, – der Berg ist 1086m hoch, – ist grandios. Da sind die riesige Stadt und die Weite des Ozeans mit der vergleichsweise kleinen Insel Robben Island und dazwischen der langgestreckte Bergrücken. Ich könnte mir beim Betrachten den Rücken eines urweltlichen Flusspferds vorstellen.
Am Osthang des Tafelbergs liegen die „Botanical Gardens Kirstenbosch“. Dieser Botanische Garten wurde 1913 gegründet. Hier soll die Vielfalt der südafrikanischen Flora repräsentiert werden. Ich steige die leichte Anhöhe hinauf bis zu einer Art Gartenlaube. Von dort bietet sich wieder ein Atem beraubender Blick auf das Meer und die Stadt.
Die Büsche, Sträucher und Blumen sind ausschließlich südafrikanische Gewächse. Es wurde bewusst auf Exoten verzichtet. In dem Glashaus befinden sich die Pflanzen aus den trockenen Gebieten Südafrikas, die hier im Klima am Tafelberg nicht überleben könnten.

Im Township

5. Halskette (Foto:Autorin)

Entlang der Straße nach Kapstadt sehen wir rechts und links die Hütten des Township. Es sind zum Teil ärmliche Hütten. Hier und da auch ein kleines Haus mit ein paar Blumen in einem winzigen Garten. Auf den Straßen spielen Kinder.
Wir besuchen den Craftmarket im Township. Am Eingang hat sich eine „improvisierte?“ Band aufgestellt und empfängt unsere Gruppe mit Musik. Ich vermute, dass es sich schnell herumgesprochen hat, dass europäische Besucher kommen.
Wie betreten unterschiedliche Räume, in denen Keramik, Kissenbezüge, Tischdecken und Schmuck aus eigener Produktion ausgestellt sind. Mich fasziniert die Schmuckabteilung und ich erwerbe eine Halskette aus bunt gefärbten (Horn?) Plättchen und Holzkugeln.
Beim Verlassen des Markts spielt die Gruppe noch einmal, wie ich meine, zu unseren Ehren. Und es gibt eine Sammelbüchse.

Abschied von Kapstadt und Südafrika

Wir bummeln durch die Stadt, laufen durch den Park, schauen in die eine oder andere Kirche und in die große St George’s Cathedral. Wir sehen das Rathaus und kommen zu dem Greenmarket Square, am Blumenmarkt vorbei. An den Straßen haben sich Händler mit Verkaufsständen niedergelassen. Bunte Seidentücher verlocken mich, stehen zu bleiben und einen Schal zu kaufen. Er ist aus Indien importiert. Der kleine Welthandel blüht auch in Südafrika.
Gegen Abend bringt uns das Flugzeug wieder über Dubai zurück nach Deutschland.

Dokumentation

* Eingangszitat: (http://www.aphorismen.de/suche?f_autor=270_Aus+Afrika&f_thema=Freundschaft

Texte und Internetrecherche
Protokoll der Reise vom 31. 3. 2012
Artikel für Herrnhuter Bote doc April 2012
Alle Fotos sind eigene Aufnahmen

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.kapstadt.de/images/stories/kapstadt-de/reisefuehrer/overberg/cape-agulhas/suedlichster-punkt-afrika.jpg&imgrefurl=http://www.kapstadt.de/reisefuehrer/overberg/cape-agulhas&h=340&w=510&tbnid=3wZnZACr0_9qNM:&tbnh=90&tbnw=135&docid=grvMEPHtwTB_dM&usg=__anW5frLo7–_2mKjJY-Ly4lMiu8=&sa=X&sqi=2&ved=0ahUKEwisirnP0ITMAhVKGZoKHXaEA8wQ9QEIJDAB April 2016 http://www.kapstadt-net.de/pages/sehenswuerdigkeiten/westkueste/robben-island.php
http://www.herrnhuter-missionshilfe.de/laender/suedafrika/ April 2016
http://www.herrnhuter-missionshilfe.de/fairer-handel
http://www.safrika.org/morav_de.html April 2016
http://www.ebu.de/mission/ April 2016
https://de.wikipedia.org/wiki/Robben_Island April 2016
http://www.kapstadt-entdecken.de/robben-island/http://www.kapstadt-travel.de/reisen/reisen/kapstadt-alternative-ausfluege/wuppertal-in-kapstadt.php 2016
http://www.spiegel.de/einestages/nelson-mandela-auf-robben-island-a-947040.html
http://www.deutschlandfunk.de/blick-auf-die-schattenseite.1242.de.html?dram:article_id=207094 April 2016
http://www.kapstadt-entdecken.de/reiseinformationen-suedafrika/township/ April 2016
http://www.capetown.travel/activities/entry/khayelitsha_craft_market April 2016
http://www.sanbi.org/gardens/kirstenbosch/overview April 2016