von Erna Subklew
Essen und Trinken ist in „aller Munde“. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in einer Zeitung oder auf einem Fernsehkanal neue Rezepte angeboten oder sogar dargestellt werden. Auch in der Literatur ist das Thema stark vertreten.
Bei den Schriftstellern
Neulich las ich, dass selbst Akademiker sich mit dem Thema Speise und Trank beschäftigen und über Arbeitsvorgänge des Kochens, zum Beispiel dem Filetieren von Fischen, ernsthaft miteinander diskutieren.
Schriftsteller haben ihre Schwächen, wenn sie von Essen und Trinken in ihren Werken erzählen. Dabei ist von gemeinsamen Essen zu berichten, wahrscheinlich schon so alt, wie es Bücher gibt. Transportiert man doch mit der Beschreibung eines Essens nicht nur welche Lebensmittel sich bei diesen Mahlzeiten die Protagonisten leisten können, sondern beschreibt auch gleichzeitig, welchem sozialen Stande sie angehören und welche Kontakte sie pflegen.
Was gegessen wird
Es gibt zwei Bücher, die vom Essen berichten und mich sehr beeindruckt haben. Das eine ist eine Biographie von Thomas Mann. In dieser Biographie gibt der Autor fast täglich an, was er gespeist hat. Allein beim Hören der Namen dieser Speisen lief mir das Wasser im Munde zusammen ob der schmackhaften Gerichte, die er aufführte. Dabei haben diese Speisen durchaus nicht immer Wohlbefinden beim Autor ausgelöst. Die Beschreibung der Gerichte aber hat allein genügt, ihn dem reichen Bürgertum zuordnen zu können.
Zeigt die Biographie wie Thomas Mann selber zum Essen stand, kann man in seinen Beschreibungen der Tischszenen in seinen Büchern, die sich verändernden Sitten und Gebräuche, sowie die sich ebenso verändernde Familienstruktur herauslesen. In den Buddenbrooks wird die abnehmende Begeisterung der Familienmitglieder zur Familie und zur Firma zu gehören auch durch die Einstellung der Familienangehörigen zu den gemeinsamen Mahlzeiten sichtbar.
Der Bericht über das Warschauer-Ghetto
Das zweite Buch, das ich beim Hessischen Rundfunk hörte, war anlässlich des 70. Jahrestag der Auflösung des Warschauer-Ghettos der Bericht des Leiters über das Leben im Ghetto.
Es war keine literarische Arbeit im eigentlichen Sinne, aber allein die Angaben, die ganz nüchtern über den Zustand im Lager gemacht wurden, ließen mich erschauern. Es fing mit einem Bericht über die Anzahl der Bewohner an, beschrieb ihren Gesundheitszustand und sonstige Vorkommnisse im Lager, um dann von den Lebensmitteln zu berichten, die das Lager angeliefert bekam.
Es gibt viele Bücher, die auch über das Essen in Konzentrationslagern berichten, aber so eindrücklich wie diese täglichen nüchternen Berichte hat kaum ein Text die Zustände im Ghetto beschrieben, ohne sie direkt anzusprechen.
Das Essen bei Günter Grass
Bei Günter Grass spielt das Essen in seinen Büchern während über fünfzig Jahren immer wieder eine Rolle. In Die Blechtrommel, Der Butt oder gar Beim Häuten der Zwiebel und auch in zahlreichen Gedichten und darüber hinaus in seinen Graphiken hat er das Essen künstlerisch verarbeitet. Wahrscheinlich hat der selbst erlebte Hunger, vor allem zu Ende des Krieges und im Kriegsgefangenenlager dazu beigetragen, dass er ihn nicht nur künstlerisch verarbeitete, sondern auch zu seinem politischen Engagement führte. Er maß also dem Essen und Trinken einen sehr hohen Stellenwert bei.
Als eine ganz besonders gelungene Erzählung erscheint mir in Beim Häuten der Zwiebel der virtuelle Kochkurs zu sein, den ein Soldat im Kriegsgefangenenlager hielt und der viele junge Soldaten ihren Hunger vergessen ließ.
Andere Autoren
Die drei Autoren sind stellvertretend für die vielen anderen genannt, die ihre Wertschätzung des Essen in Gedichten ausdrückten. Neben Günter Grass hat auch Wilhelm Busch eine größere Anzahl von Gedichten zu diesem Thema geschrieben.
Bericht über das Warschauer Ghetto
Gedenken hinter Ghettomauern
Gedichte über Essen und Trinken
Kulinarische Lektüren