Jugendweihe – zwischen Tradition und Moderne

Von Maja Pree

Die Jugendweihe, auch Jugendfeier, ist eine festliche Initiation, die den Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter kennzeichnen soll. Sie findet im Alter von 14 Jahren statt.

Geschichtliches

Die Wurzeln der Jugendweihe liegen in der Zeit der Aufklärung zwischen 1650 – 1800. Verwüstungen des dreißigjährigen Krieges und die Kleinstaaterei waren die Ursache für eine erst sehr spät einsetzende freie geistige Entwicklung in Deutschland. Humanität und Toleranz als weiterwirkende Ideale der Aufklärung hatten dann einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Jugendweihebewegung. Am 9. April 1846 wurde über die erste Jugendfeier, noch „Confirmationsersatzfeier“ genannt, in einer Breslauer Tageszeitung informiert. Diese neue Form eines Initiationsritus wurde von freireligiösen Gemeinden entwickelt. Sie organisierten in Opposition zur Kirche einen kulturgeschichtlich fundierten Moralunterricht für ihre Kinder, der dann in einer Jugendfeier seinen abschließenden Höhepunkt fand.

Der Gedanke bzw. die Idee einer „Jugendweihe“ wurde erstmals als Jugendweihe proletarischen Charakters in einer freireligiösen Gemeinde in Berlin am 14. April 1889 durchgeführt.

Jugendweihe früher

Die Jugendweihe als Abschluss war vor allem eine Feier zur Schulentlassung der 14-Jährigen. Diese traten damit den Weg ins Berufsleben an, also ins Erwachsenenleben. Zu den Feiern selbst gab es einen Vortrag über freigeistige Weltanschauung, Erinnerungsblätter, ein Gelöbnis und ein Gedenkbuch. Die Feier wurde umrahmt mit Gesängen und Rezitationen. Bereits damals war es üblich, den Eintritt ins Erwachsenenleben mit der gesamten Familie zu feiern.

Jugendweihe bei uns in der DDR

Der Schulabgang mit der achten Klasse war 1969 schon lange nicht mehr zeitgemäß. Aber wir erhielten mit 14 Jahren unseren ersten Personalausweis und fühlten uns wie (kleine) Erwachsene. Die Lehrer sprachen uns ab der neunten Klasse mit „Sie“ an. Auch trennten sich die Wege mancher Klassenkameraden. Die meisten blieben auf der 10-klassigen Polytechnischen Oberschule. Nur ganz wenige verließen die Schule. Einige gingen auf die Erweiterte Oberschule, die mit dem Abitur abschloss. So war die Jugendweihe auch in diesem Sinn für uns ein bedeutender Schritt auf dem Weg ins Erwachsenenleben.

Erinnerungen

In der achten Klasse, den Jugendweihestunden, haben wir viel Interessantes gesehen. Natürlich waren es auch politische Veranstaltungen, aber vor allem wurden für uns kulturell und wissenschaftlich sehr interessante Stunden vorbereitet. Mir sind aus der damaligen Zeit der Besuch eines Hochspannungslabors an der Hochschule für Maschinenbau und Technik in meiner Heimatstadt in Erinnerung geblieben oder eine mehrtägige Klassenfahrt nach Weimar und Jena. In Weimar besuchten wir das Konzentrationslager Buchenwald. Ein sehr beeindruckendes Erlebnis. Das Planetarium in Jena vermittelte tolle Eindrücke. Als junger Mensch, der beginnt sich beruflich zu orientieren, waren solche Einrichtungen etwas Besonderes. Natürlich hing es auch vom jeweiligen Lehrer ab, ob und wie er diese Vorbereitungsstunden auf die Jugendweihe mit uns gestaltete. Mein Klassenlehrer war unser Mathematiklehrer. Aus heutiger Sicht glaube ich sagen zu können, dass er weniger der Politik folgte sondern dem was im Leben wichtig ist und versuchte, seinen Schülern viel Allgemeinwissen mit auf den Weg zu geben.

Wie ich es jetzt sehe

Da ich nicht religiös gebunden war, hatte ich keine Probleme mit der Jugendweihe. Ich war froh endlich 14 zu sein, meinen ersten Personalausweis zu bekommen und zu wissen, dass ich nach der achten Klasse mit etlichen Klassenkameraden den Weg auf die EOS (Erweiterte Oberschule) gehen konnte. Ich war kein Arbeiterkind und hatte auch nicht den besten Zensurendurchschnitt. So setzte sich mein Vater, meinem Wunsch entsprechend, beim Schulrat für mich ein. Ich denke, dass sich dieses Kümmern später mit einem akzeptablen Studienabschluss ausgezahlt hat. Meinen Klassenlehrer aus dieser Zeit habe ich leider nie wieder gesehen. Doch ich habe immer noch eine sehr gute Erinnerung an ihn.

Wie war unsere Jugendweihe

Als wir zum Fest der Jugendweihe im Frühjahr selbst auf die Bühne gerufen wurden, um die Urkunde und das Buch „Weltall, Erde, Mensch“ in Empfang zu nehmen, herausgeputzt wie kleine Erwachsene, waren wir stolz. Natürlich waren auch viele Verwandte gekommen, die man sonst lange nicht gesehen hatte und es gab viele Geschenke. Auch etwas Geld wurde geschenkt, das dann erst mal auf dem Sparbuch verschwand, um später für das erste eigene Fahrrad oder den Mopedführerschein verwendet zu werden.

Cirka 25 Jahre später

Meine Söhne erlebten die Jugendweihe schon etwas anders. Sie nahmen an ihr erst nach 1989 teil. Über einen neu gegründeten Jugendweiheverein wurden verschiedene Stunden und auch Ausflügen angeboten. Es war für mich als Mutter dann ein besonderes Erlebnis, als meine Söhne bei ihrer Feier zur Übergabe der Urkunde und eines Buches nach vorn gerufen wurden. So wie meine Jugendweihefeier von festlicher Musik und Rezitationen umrahmt war und eine Festrede gehalten wurde, war es auch bei meinen Söhnen. Der Inhalt der Rede war jedoch ein anderer. Es gab kein Einschwören auf den Sozialismus mehr, sondern unter anderem Worte, dass jeder sein Leben selbst in die Hand nehmen und gestalten solle. Dem konnte ich nichts hinzufügen.