Von Roma Szczocarz
„Gewohnheit, Sitte und Brauch sind stärker als die Wahrheit“ sagt Voltaire. Weltweit haben sich im Laufe der Jahrhunderte Traditionen, Sitten und Bräuche rund um die Hochzeit entwickelt. In Polen existieren viele Hochzeitsbräuche, die stark abhängig von den regionalen, kulturellen und katholischen Traditionen sind.
Segnung durch die Eltern
Der Brauch der Segnung durch die Eltern ist eine der anrührendsten Zeremonien unter den vielen Hochzeitsbräuchen. Die Segnung findet vor der kirchlichen Trauung im Haus der Braut statt. Früher waren alle Gäste eingeladen, an der Zeremonie teilzunehmen. Das Brautpaar wurde durch die ältesten Familienmitglieder gesegnet. Jetzt findet die Zeremonie im engsten Familienkreis: Eltern, Taufpaten und Großeltern statt. Diese Zeremonie wird als der Moment des Abschieds von den Kindern angesehen und führt immer bei den Beteiligten zu Tränen der Rührung.
Straßensperre – symbolische Tore
Unterwegs in die Kirche kann das Brautpaar durch symbolische Tore aufgehalten werden, aus denen man sich heraus kaufen muss. Diese Tore sind mit Blumen und Tannenzweigen geschmückt. Als Zahlungsmittel für den Wegzoll sind Flaschen mit Wodka vorgesehen. Diese Aufgabe übernimmt meist der Trauzeuge des Bräutigams. Nach der Hochzeitszeremonie und dem Verlassen der Kirche gibt es beim Ausgang für das frisch getraute Ehepaar unterschiedliche Sitten und Bräuche. Meist werden Reis oder Kleingeld in die Höhe geworfen als Symbol für den zukünftigen Wohlstand des Brautpaares. Das Kleingeld wird vom Brautpaar gemeinsam gesammelt. Wer von den Beiden das meiste Geld gesammelt hat, wird im gemeinsamen Zuhause das Sagen haben.
Hochzeitsbrauch „gorzko“-Rufe
Eine polnische Hochzeit ist nahezu undenkbar ohne “gorzko“- Rufe, mit denen das Brautpaar zum Küssen vor der versammelten Hochzeitsgesellschaft aufgefordert wird. Das polnische Wort „gorzko“, bedeutet “bitter“ und soll den „unangenehmen“ Geschmack des Wodkas wiedergeben, den die Hochzeitsgäste über sich ergehen lassen müssen und den das Brautpaar durch die Süße ihres Kusses lindern soll.
Schleierwurf „oczepiny“
Um Mitternacht trennt sich die Braut von ihrem Schleier, auf Polnisch “oczepiny“ und wirft ihn unter die anwesenden, nicht verheirateten Frauen. Diejenige, die ihn fängt, wird die nächste Braut sein.
Nachfeier „poprawiny“
Eine polnische Besonderheit stellt der Tag nach der Hochzeit dar. Diese sogenannte Nachbesserungsfeier, auf Polnisch „ poprawiny“ stellt normalerweise eine vollständige zweite Feier dar, mit Musik und Tanz an demselben Ort, mit derselben Gästeliste und einer Dauer vom Nachmittag bis mitunter tief in die Nacht.
Aberglaube rund um die Hochzeit
„Der Aberglaube ist die Poesie des Lebens“ , ein Ausspruch von J. W. v. Goethe. Jeder von uns kennt zahlreiche abergläubische Hinweise, die mit einer Hochzeit verbunden sind. Der Aberglaube existiert auch heute in der Internetgeneration in Polen. Manches bringt Pech, anderes Glück. Beim Hochzeitsmonat fängt es an: Der Name des Monats, in dem geheiratet wird, sollte in Polen unbedingt den Buchstaben “r“ enthalten, wie „sierpien“- August.
Zweitens: die Hochzeitskleidung. Das Brautkleid darf nur mit der Mutter oder der besten Freundin (auch problematisch) gekauft werden. Der Bräutigam darf seine Zukünftige im Hochzeitskleid erst am Hochzeitstag sehen. Wichtig sind auch die Schuhe der Braut. Sie müssen vorn geschlossen sein. Sichtbare Fersen oder Zehen bringen Unglück. Und die Braut sollte in ihrem Schuh einen Groschen tragen als Symbol für das Führen des Haushaltes.
Drittens: Auf dem Weg zur Kirche darf man nicht umkehren, das Unglück ist sonst sicher.
Viertens: Für mich sehr interessant. Bei den Gratulanten sollte auch eine fremde Person dabei sein, die zufällig in der Kirche war, sie steht für das Glück in der Ehe.
Fazit
„Ehe = Ein Buch, bei dem das erste Kapitel in Poesie geschrieben ist und die übrigen in Prosa,“ sagt Beverly Nichols, ein britischer Journalist.
Links
Mehr über polnische Hochzeitsbräuche bei Wikipedia
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