Eine türkische Hochzeit

Von Erna Subklew

Während man früher auch bei uns die Hochzeit als einen Höhepunkt im Leben von Männern und Frauen ansah, ist es in der Türkei noch immer so. Ein Zusammenleben ohne verheiratet zu sein, ist nur sozial ganz oben oder unten stehenden Paaren möglich.

Heiraten in der Türkei hat einen festen Ablauf.

Kiz Isteme – um die Hand anhalten

Obwohl sich die Jungen und Mädchen heute meist schon von der Schule, dem Studium oder der Arbeit her kennen, ist es trotzdem noch üblich, als ersten Schritt des Heiratswilligen, der Familie der Braut das Interesse an ihrer Tochter zu bekunden. Er bittet also seinen Vater, bei der Familie seiner Auserwählten um deren Hand zu bitten. Mit Süßigkeiten und Blumen besucht man die Familie der Braut. Nach dem Verspeisen der Süßigkeiten und dem Kaffee- oder Teetrinken bittet der Vater des angehenden Bräutigams um die Hand der Auserwählten mit dem Spruch: „Mit Erlaubnis Gottes und mit der Einwilligung des Propheten bitte ich im Namen meines Sohnes um die Hand deiner Tochter.“

Wenn die Familie an einer Hochzeit interessiert ist, antwortet der Brautvater: „Wenn unsere Kinder es so wollen, soll es ihnen Glück bringen.“

Söz kesme – das Versprechen

Kurze Zeit danach erfolgt das Versprechen. Der Bräutigam muss das Versprechen abgeben, dass das auserwählte Mädchen die Frau fürs Leben werden soll. Zu diesem Ereignis werden die Verlobungsringe, die vorher von Beiden ausgesucht wurden und durch ein rotes Bändchen miteinander verbunden sind, mitgebracht. Ein älterer Onkel durchschneidet das rote Band, mit dem sie zusammen gebunden sind und steckt die Ringe an die Finger des Paares. Dafür wird er mit Geld belohnt.

Nişan – die Verlobung

Wiederum einige Zeit später feiert man die Verlobung. Das Fest wird von der Familie der Braut ausgerichtet. Gewöhnlich wird dazu ein Saal gemietet. Für das Brautpaar wird ein besonderer Tisch hergerichtet. Die Verlobungsringe werden wieder abgelegt und mit einem langen roten Band miteinander verbunden.

Das Brautpaar eröffnet die Feier mit einem Tanz. Einige Stunden danach werden dem Paar von Freunden, die an ihrer Seite sind, wiederum die Ringe angesteckt und das Band durchschnitten. Jetzt folgt das Taki, das Anstecken. Es handelt sich um das Einsammeln von Geschenken, vorwiegend Geldgeschenken, die dem Paar an die Kleidung geheftet werden. (takmak- anstecken).

Anschließend wird die Torte angeschnitten und weiter gefeiert.

Entsprechend des Gebotes des Islams wird bei keiner Feier Alkohol ausgeschenkt.

Die Tage vor dem Hochzeitsfest

Ungefähr ein halbes Jahr nach dem Verlöbnis feiert man die Hochzeit. Sie beginnt mit einem Besuch der weiblichen Geladenen ins Hamam (öffentliches Bad). Hier vergnügen sich die Frauen durch das Bad, die Massage und natürlich auch mit Essen und Trinken. Man sagt, dass hier die Mütter von Söhnen auch die Mädchen auswählen und begutachten, die ihre künftigen Schwiegertöchter sein könnten.

Am darauf folgenden Abend treffen sich die weiblichen Gäste wiederum bei der Braut zum Henna-Abend.

Der Henna-Abend

Der Abend hat seinen Namen daher, dass der Braut die Handinnenflächen und die Finger mit Henna gefärbt werden. Henna gilt im Islam als ein Gewächs des Himmels. Für die Braut ist es der letzte Abend als Jungfrau und kein einfacher Abend. Sie trägt für gewöhnlich ein langes, mit Blumenmotiven besticktes Kleid und ist mit einem roten Kopftuch bedeckt.

Sie sitzt in der Mitte des Raumes. Die anwesenden Mädchen tanzen mit Lichtern und dem angerührten Henna einen bestimmten Tanzes um sie herum und färben ihre Hände ein. Die Braut hält ihre Henna-Hände so lange geschlossen, bis die Schwiegermutter sie durch die Gabe eines Goldstückes öffnet. Der Henna-Abend zeichnet sich nicht durch Fröhlichkeit aus, im Gegenteil, traurige Lieder und Tänze überwiegen, denn man will die Braut zum Weinen bringen. Sie soll traurig sein, da sie ihre Familie verlässt und Mitglied der Familie des Bräutigams wird. Meist werden an diesem Abend nur Knabberzeug und Säfte angeboten.

Der Hochzeitstag

Am Hochzeitstag holt man die Braut mit einem geschmückten Wagen ab. Früher, und vielleicht jetzt noch auf dem Lande, war es natürlich ein Pferdefuhrwerk. Der Hochzeitszug wird von den Klängen von Zurna (Oboe) und Davul (Trommel) begleitet. Wo es möglich ist, wird der Hochzeitskonvoi angehalten und muss sich durch Geldgeben befreien. Beim Erreichen des Hauses der Braut muss für das Öffnen der Tür wiederum Geld gezahlt werden.

Die Braut hat vom Vater oder Bruder eine rote Schärpe umgebunden bekommen, an der eine Münze befestigt ist, das letzte Taschengeld und damit die Entlassung aus ihrer Familie. Die Mutter der Braut begleitet den Auszug aus dem Elternhaus gewöhnlich mit Weinen und Worten des Bedauerns. Viele Bräuche sind nicht mehr so durchzuführen wie einst auf dem Dorfe. Trotzdem versucht man so viele Bräuche wie möglich zu erhalten.

Die Trauung

Ähnlich wie in Deutschland ist die standesamtliche Trauung, die vom Staat anerkannte. Da die religiöse Trauung im Osmanischen Reich die einzige war, lassen sich viele Paare auch heute noch zusätzlich vom Imam trauen.

Heiraten die Türken im Ausland, so erfolgt die Zeremonie im Konsulat, dort ist gleichzeitig ein Imam zugegen. Dieser hat insofern eine wichtige Aufgabe, als er den Bräutigam befragt, ob die Morgengabe gezahlt worden ist, was der staatliche Beamte nicht darf. Die Morgengabe besteht aus Geld oder Gold in einer von den beiden Familien vereinbarten Höhe, das der Frau zusteht, falls die Ehe geschieden wird. Ich kannte eine Türkin, deren Morgengabe Goldschmuck war, den sie ständig an sich trug, da sie fürchtete, dass ihr Mann ihn sonst verkauft hätte.

Die religiöse Trauung ist wichtig, wenn eine weitere Frau geheiratet wird, was nicht auf dem Standesamt geschehen kann, aber durch die Imam-Trauung für die religiöse Gemeinde gültig ist.

Die Hochzeitsfeier

Wie auch die Verlobung feiert man die Hochzeit in einem Saal. Zuerst tanzen mit dem Brautpaar alle geladenen Gäste, den für diese Gegend üblichen Volkstanz. Nach einer geraumen Tanzzeit wird das Essen serviert, eine Mahlzeit, die aus Fleisch, Reis und Gemüse besteht. Zum Trinken gibt es auch hier in der Regel nur Säfte oder Limonaden. Beim nachfolgenden Tanz versuchen die Freunde des Mannes, ihn zu entführen. Es ist die Aufgabe des Trauzeugen, dies zu verhindern. Anschließend steht das Brautpaar in der Mitte des Saales, um die Geschenke entgegen zu nehmen. Diese Taki genannte Zeremonie gab es bereits bei der Verlobungsfeier. Die Eltern des Paares sind die ersten, die mit dem Schenken anfangen, die anderen Gäste bilden eine Schlange, um es ihnen gleich zu tun.

Zum Ende des Festes schneidet das Paar die Hochzeitstorte an. Das Brautpaar tanzt zum Abschied noch einen letzten Tanz und zieht sich zurück.

Die Brautnacht

Das Brautpaar wird von den Trauzeugen ins Brautgemach geleitet. Nach islamischer Sitte müssen die Brautleute vor ihrem ersten Zusammensein beten. Daher vollzieht das Paar die rituellen Waschungen. Als Gebetsteppich dient der Frau die Jacke des Mannes und dem Mann der rote Schleier, den die Braut beim Henna-Abend getragen hat.

Früher wurden den Gästen am nächsten Morgen der Vollzug der Ehe und die Jungfräulichkeit der Frau durch das Laken angezeigt.

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