von Erna Subklew
Als ich zur Schule ging, hielt man das Atom noch für das kleinste unteilbare Teilchen. Ich konnte mir es eigentlich nicht vorstellen. So kam es, dass Physik und zum Teil auch Chemie zu den Fächern gehörten, die ich gar nicht liebte. Was ich aber liebte, waren die Zukunftsromane
Meine Literatur
Um in die Schule zu kommen, mussten wir, also die Schüler, die am Ende des Goldenen Horn wohnten, jeden Tag jeweils eine Stunde hin und eine zurück mit dem Schiff fahren. Eine gute Zeit, wenn man seine Hausaufgaben gemacht hatte und keine Arbeit anstand, für die man lernen musste. Dann konnte man diese Zeit zum Lesen benutzen. Meinem jeweiligen Alter entsprechend waren es Bücher wie „Nesthäkchen“, „Goldköpfchen“ und andere Mädchenbücher. Sicherlich war auch „Heidi“ von Johanna Spiry dabei. Es war gar nicht so leicht, an die Bücher zu kommen, denn Bücher geschenkt bekam ich nur zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Meine Eltern gehörten nicht zum Bildungsbürgertum. Aber wir hatten mehrere Kinder von Professoren und auch anderen Akademikern in der Klasse. Sie waren da viel besser dran und so lieh ich mir ihre Bücher aus. Zwar hatte auch jede Klasse eine Klassenbibliothek, aber die enthielt die genannten Bücher nicht.
Der Geschmack ändert sich
Später kamen dann die Bücher von Kästner wie „Emil und die Detektive“, „das doppelte Lottchen“, „Pünktchen und Anton“ dazu. Diese waren in Österreich gedruckt, das noch nicht vom „Reich“ annektiert war, und so kamen wir in den Genuss, sie noch lesen zu können. Später stieß ich auf Jules Verne. Ihn muss es wohl in der Klassenbücherei gegeben haben.
Damals sprach man noch nicht von Zukunftsromanen, sondern von Abenteuerromanen. Diese Bücher waren keine Neuerscheinungen, sondern sie galten schon etliche Jahrzehnte als „Literatur“.
Jules Verne
Jules Verne wurde am 8. Februar 1826 in Nantes geboren als Sohn eines Rechtsanwalts. Eigentlich sollte er die Kanzlei seines Vaters übernehmen. Aber wenn er auch Rechtswissenschaften studierte, lieber arbeitete er als Sekretär am Théatre Lyrique. Kurz nach seiner Heirat begann er Abenteuerromane zu schreiben. Seine Jugendbücher wurden dann die ersten „Zukunfts“- oder besser Science Fictions-Romane. „Fünf Wochen im Ballon“, ein Bericht über eine Ballonfahrt von Senegal nach Sansibar fand so großen Anklang, dass sein Verleger einen Vertrag mit ihm abschloss, nach dem er jedes Jahr zwei Bücher für eine Buchreihe „Voyages extraordinaires“ (Außerordentliche Reisen) schreiben musste. Dabei sind auch seine bekanntesten Bücher „Reise um die Erde in 80 Tagen“ und „20.000 Meilen unter dem Meer“ entstanden. Keiner hätte damals gedacht, dass die von ihm beschriebenen Mondraketen und U-Boote einmal Wirklichkeit würden. Wobei es das U-Boot zu der Zeit, als ich das Buch las, schon gab, nicht aber die Mondrakete.
Hans Dominik
Als nächsten Autor las ich dann Hans Dominik. Da er am 15.11.1872 geboren wurde und 1945 starb, war er, als ich ihn las, sicherlich schon ein bekannter Schriftsteller. Er hatte Maschinenbau studiert und in Köln bei der AEG gearbeitet, dann bei anderen technischen Betrieben, darunter auch Siemens, ehe er als freier Schriftsteller lebte. Außerdem hielt er Kontakt zu Erfindern und anderen Experten, was sicherlich zu einer glaubhaften Darstellung der Vorgänge in seinen Büchern führte. 1920 erschien sein erster Zukunftsroman „Die Macht der Drei“ als Fortsetzungsroman in einer Zeitschrift ebenso wie auch der darauf folgende „Die Spur des Dschingiskan“.
Fortsetzungsromane
Obwohl mir vor allem „Atomgewicht 500“ in Erinnerung geblieben ist, konnte ich zu den anderen 16 Titeln von Zukunftsromanen beim Recherchieren auch wieder Beziehungen herstellen.
Es gab in meiner Jugend Tage, an denen ich ein Buch verschlang. Möglicherweise entsprachen sie sehr dem Zeitgeist. Seine Bücher erschienen in Auflagen von Hunderttausenden. Im Mittelpunkt der Handlung steht zumeist ein deutscher Ingenieur, der sich in einem Kampf mit Feinden befindet und durch sein Verhalten nicht nur diese unschädlich macht, sondern gleichzeitig die Welt rettet. Die von ihm beschriebenen Welten ähnelten dem Bild, das man sich von der vorhandenen Welt bilden konnte. Neben diesen Zukunftsromanen schrieb Hans Dominik noch eine Reihe von Jugendbüchern und auch Bücher, die technische Vorgänge erklärten.
Andere Science Fictions Schriftsteller
Ich kann mich nicht erinnern, während des Krieges Zukunftsromane gelesen zu haben. Wahrscheinlich gab es die zu dieser Zeit ebenso wenig, wie andere Bücher. Selbst wissenschaftliche Bücher waren nicht zu bekommen. Während des Studiums musste man alles mitschreiben, da die Literatur nur in der Bibliothek einsehbar war.
Erst viel später gab es noch einmal eine Phase, wo ich wieder Zukunftsromane, jetzt als Science Fictions, las. Die bekanntesten und wohl auch besten Bücher waren von Stanislaus Lem und Isaac Asimov geschrieben.
Stanislaus Lem ist 1921 in Lemberg geboren und starb 2006 in Krakau. Von Beruf war er Arzt. Seine Bücher erreichten eine Millionenauflage und wurden schon nach kurzer Zeit in andere Sprachen, darunter auch in das Deutsche, übersetzt. Ihn interessierte vor allem, wie eine Kommunikation zwischen Menschen und Außerirdischen aussehen könnte. Auch seine Bücher nahmen Entwicklungen voraus, die dann Realität wurden. Sehr gelungen, fand ich die Beschreibung der Reparatur an der Raumkapsel.
Isaac Asimov
Ein Zeitgenosse von Stanislaw Lem war Isaac Asimov. Er wurde am 2.1.1920 in Petrowitschi in Russland geboren und starb 1998 in Amerika. Einige Jahre nach seiner Geburt zogen die Eltern in die USA. Isaac Asimov studierte Chemie und promovierte in Biochemie. Er gilt als der berühmteste Science Fiction-Autor. Er schrieb an die 500 Bücher. Sein Schwerpunkt war das Verhalten von Robotern. In der Roboterliteratur gilt der Grundsatz, dass ein Roboter keinen Menschen verletzen darf, den Menschen gehorchen und ihre Befehle ausführen muss.
Es gibt noch eine Anzahl anderer Schriftsteller, die Science Fiktions-Romane schriebe. Einer, dessen Name mir auch im Gedächtnis blieb, ist Perry Rodan.
Auch das erst vor einigen Jahren erschienene Buch von Schätzing „Der Schwarm“ zählt zu dieser Literatur. Manche der Bücher könnte man auch zu den Kriminalromanen zählen.
Mit Lem und Asimov endete die Phase meiner Zukunftsromanliteratur. Auch ich bevorzugte dann Krimis, die nach Möglichkeit in der Gegenwart spielen und Probleme einer bestimmten Menschengruppe oder eines bestimmten Landes behandeln.
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