Die Sowjetzeit in der russischen Literatur

von Roma Szczocarz

„Die russische Literatur ist die pessimistischste Literatur Europas. Bei uns werden alle Bücher über ein und dasselbe Thema geschrieben, darüber, wie wir leiden“.  Maxim Gorki

Die russische Literatur

Der Begriff “russische Literatur“ bezeichnet die literarischen Werke sowie dichterische Werke, Werke der Geschichtsschreibung und Literaturgeschichte, der Sozialwissenschaften oder der Philosophie aber auch Tagebücher und Briefwechsel aus dem russischen Sprachraum der Vergangenheit und Gegenwart. Mehr dazu:

Der sozialistische Realismus

Als „Sowjetliteratur“ gilt nur die Literatur, die während der Sowjetzeit d.h. von 1917 bis 1991 entstand.
So wurde sie durch den Göttinger Professor Reinhard Lauer beschrieben: “Auch die Sowjetliteratur entfaltete in breitem Umfang Ausdrucks-, Kommunikations- und Verbreitungsformen. “Ein Triumph der russischen Schriftsteller dieser Epoche war es, dass sie unter diesen Umständen schrieben. Einige von ihnen waren für den Literaturnobelpreis nominiert. Aber es bekamen ihn nur die  Loyalen oder die Emigrierten. Ehrlich gesagt, die Mehrheit der Schriftsteller wurde durch sowjetische Ideale geprägt. Mehr dazu

Undemütige

Während des Sozialistischen Realismus in der Sowjetunion setzten einige Schriftsteller, unter anderen Michail Bulgakow, Boris Pasternak und Isaak Babel die Tradition der klassischen russischen Literatur im Gegensatz zum sowjetischen Ideal fort. Häufig wurden ihre Werke, in denen sie vergangene Epochen wieder kreiert haben, erst Jahrzehnte später und in einer zensierten Version veröffentlicht.
In der post-stalinistischen Sowjetunion blieb der Sozialistische Realismus der einzige erlaubte Stil. Der Schriftsteller und Nobelpreisträger von 1970, Alexander Solschenizyn „Der Archipel Gulag“ setzte die Tradition der Untergrundliteratur fort, die oftmals mittels “Samisdat“ verbreitet wurde.
Samisdat: im Selbstverlag erschienene [verbotene] Literatur in der UdSSR

Ein Verhinderter

Boris Pasternak ,„Doktor Schiwago“, musste die begehrte Auszeichnung, den Literaturnobelpreis, auf Druck der sowjetischen Parteiführung ablehnen.
Wer war Boris Pasternak? Er war ein russischer Dichter und Schriftsteller. Seine schriftstellerische Laufbahn begann er 1912. Ihn inspirierte vor allem Alexander Blok. Die Poesie blieb Pasternaks Leidenschaft und machte ihn zu einem der wichtigsten Dichter der russischen Moderne. In den dreißiger Jahren passten seine Werke allerdings nicht in die Rahmenbedingungen des Sozialistischen Realismus und er arbeitete als Übersetzer aus dem Französischen, Englischen und Deutschen. Berühmt sind seine Übertragungen von Goethes Faust, ebenso wie Rilke und Kleist.

Dr. Schiwago

Nach dem 2. Weltkrieg arbeitete Pasternak lange an seinem ersten und einzigen Roman“ Doktor Schiwago“, die dramatische Geschichte eines Dichters und Arztes vor dem Hintergrund der russischen Revolution, aber auch die Geschichte einer unbändigen Liebe und über die russische Seele. Nach seinem Erscheinen 1957 machte“ Doktor Schiwago“ Furore. Für “Doktor Schiwago“ erhielt Pasternak 1958 den Nobelpreis, aber er musste die Auszeichnung auf Druck der sowjetischen Parteiführung ablehnen.
Das Nobelpreiskomitee begründete seine Entscheidung so: „für seine bedeutende Leistung sowohl in der zeitgenössischen Lyrik als auf dem Gebiet der großen russischen Erzähltradition“. Fast 30 Jahre nach Pasternaks Tod nahm 1989 sein Sohn den Nobelpreis in Stockholm stellvertretend an.
Mehr über “Doktor Schiwago“:

Ein Verbannter

Joseph Brodsky schrieb über sich:
„Ich bin ein schlechter Jude, ein schlechter Russe, ein schlechter Amerikaner, aber ein guter Poet“.
Der russisch-jüdische Dichter und Essayist Joseph Brodsky gehört der ersten Generation an, die aus der tiefen sowjetischen kulturellen Lethargie der fünfziger Jahre erwachte und aufstand. Joseph Brodsky ist 1940 in Leningrad als Sohn jüdischer Eltern geboren und aufgewachsen. Das Essay “Erinnerung an Petersburg“ wurde der Stadt Leningrad gewidmet. Sein Schicksal sieht wie ein langes Abenteuer aus. 1972 bürgerten die Behörden Brodsky aus der Sowjetunion aus und setzten ihn, nachdem ihm zuvor alle Manuskripte abgenommen wurden, in ein Flugzeug nach Wien. Dann ging er in die USA. 1977 erhielt Brodsky die US- amerikanische Staatsbürgerschaft. Joseph Brodsky schrieb in russischer Sprache Gedichte, in englischer Sprache aber Prosa und Essays. 1987 wurde der Poet mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. So erzählte Brodsky in einem Interview …„dass nicht die Sprache das Werkzeug der Dichter sei, sondern die Letzten das Werkzeug der ewigen Sprache sein würden“.

Gedicht aus dem Band: Brief in die Oase

„ICH HOERE NICHT DAS was du mir sagst nur deine Stimme.
Ich sehe nicht dein Kleid nur blanken Schnee ringsum.
Das ist der Nordpol wo wir sitzen, ist nicht das Zimmer,
unsere Spuren führen von ihm her.- und nicht zu ihm.“
Aus dem Russischen von Ralph Dutli
Mehr über Joseph Brodsky

Als Schlussgedanken: Ein Liebesgedicht von Marina Zwetajewa

„Dein Gesicht und dein Wort,
  Deine Schultern sind fort.
  Wie schutzlos ich bin!
  Wohin nur wohin.“
Aus dem Russischen von Waldemar Dege

Wer ist Marina Zwetajewa