Vom Telegramm zur SMS

von Erdmute Dietmann-Beckert

„ANKOMME MONTAG 15. STOP BITTE ABHOLEN 17 UHR STOP ELSE“

Es klingelt an der Wohnungstür

Ich öffne. Draußen steht der Telegrammbote und reicht mir das Telegramm im Fensterumschlag.
So oder so ähnlich kann es noch Ende des zwanzigsten Jahrhunderts gewesen sein. Denn damals war es noch nicht selbstverständlich, dass jeder Haushalt einen PC hatte, ganz zu schweigen von den mobilen Telefongeräten.

Noch gibt es das Telefon

Aber es ist nicht mehr die einzige Möglichkeit, hörbaren Kontakt zu einer Person außerhalb meiner Wohnung aufzunehmen. Neue Geräte wie Handys und Smartphones sorgen für die schnelle Kommunikation mit Freunden, Geschäftspartnern, Kindern und Enkeln.
Diese „Social Media“ oder Soziale Medien sind inzwischen allgemein verbreitet. Nun sind die Medien selber nicht “sozial“, sondern sie ermöglichen den Nutzern schnell in einen sozialen Kontakt mit anderen zu treten.

Und das Telegramm?

In einem Bericht in „Die Welt“ vom 13. 09.2000 ist zu lesen, dass zwar das bekannte Telegramm, wie es noch im zwanzigsten Jahrhundert verschickt wurde, heute nicht mehr aktuell sei, dagegen das Schmucktelegramm noch immer bestehe und genutzt werde. Die Post setze dabei auf den „Emotional Commerce“, das heißt, mit einem Telegramm auf einem Schmuckblatt werden im Inland bei Grüßen und Wünschen gleichzeitig auch die Gefühle angesprochen und verschickt. Inzwischen, vierzehn Jahre später, hat die Post das Geschäft aufgegeben. Nur private Unternehmen verschicken noch Schmucktelegramme.

Veränderte Sprache

Mit der Verbreitung der Telegramme hatte sich auch die Sprache verändert. In der reduzierten Sprache, dem „Telegrammstil“, wurde  nur das Vokabular verwandt, das zum Verständnis der Mitteilung notwendig war. In den SMS, das sind „Short Service Messages“ also Kurzmitteilungen, wird die Sprache noch weiter reduziert und ohne Rechtschreib-Richtigkeit: „hi komspäta“, oder Englisch: „Happy B-Day 2you“ oder „N8“ (Nacht) gebraucht. Auch für Englisch gilt, es geht nicht um die korrekte Sprache, sondern um Kürzel, die sich aus Buchstaben und Ziffern ergeben. Es ist eine eigene Sprache, die der Schnelligkeit genügt und vielleicht nur für einen bestimmten Personenkreis gedacht ist.
Als eine Bereicherung der Sprache können die „Smilies“ gesehen werden. JL diese fröhlichen oder traurigen Gesichter sagen mehr als Worte.

Vielfalt der Kommunikationswege

Neben des SMS und E-Mails gibt es inzwischen viele weitere Plattformen wie „youtube, facebook, twitter, tweets“. Sicher ist die Liste der Adressen für eine schnelle Information auch damit noch nicht erschöpft.
Nicht alle Lehrer und Erzieher sehen Verkürzungen eine Gefahr für die deutsche Sprache. Texte, die in der Kürzelsprache verfasst sind, können Gegenstand einer Unterrichtsstunde werden. Sie können helfen, Schüler zu einer kritischen Haltung und Beurteilung von Sprache zu führen. Schüler lernen, die unterschiedlichen Textsorten „richtig“, also in unterschiedlichen Zusammenhängen, zu verwenden. Das gilt ja auch für den Gebrauch einer Fremdsprache: Ich rede Englisch, wenn ich weiß, dass der Partner mich sonst nicht versteht.

Kritik

Hans Zehetmair, unter anderem Vorsitzender im Rat für deutsche Rechtschreibung, kritisiert die Verwendung von Sprachkürzeln in der Kommunikation der Jugendlichen als „Fetzenliteratur“. Die Schnelllebigkeit unserer Zeit führe dazu, „schnelle Texte“ zu verfassen. Ein Teil der Jugendlichen heute verlasse deshalb als „Analphabeten“ die Schule.
Die Klage über die Jugend ist uralt. Auf einer drei tausend Jahre alten Tontafel steht: „Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben. Es wird ihr niemals gelingen, unsere Kultur zu erhalten“. Peter Sieber zitiert einen Aufsatz, in dem die Meinung vertreten wird, dass in jeder Generation die eigene Erziehung und Schulbildung als sorgfältiger angesehen werde als die gegenwärtige.
Ich denke, wir sollten gelassener auf die Veränderungen der Sprache reagieren, aber dennoch da, wo es möglich ist, auf die Schönheit unserer Sprache hinweisen.

SMS als Bedrohung

Im Jugendbuch „Comin 2 get u“ wird geschildert, wie ein dreizehnjähriger Junge von seinen Klassenkameraden mit SMS-Botschaften gemobbt wird, so dass er nicht mehr aus und ein weiß. Die Eltern sind beruflich oder mit sich selbst beschäftigt. Nur zu dem Großvater hat Sam engen Kontakt. Von seinen Ängsten kann er aber nur seinem Huhn erzählen. Diejenigen, die den „Cyberterror“ betrieben hatten, werden erkannt und bestraft. Man kann sich aber fragen, ob sie überhaupt gemobbt hätten, wenn sie dazu immer eine Brief hätten schreiben müssen.

Literatur
Packham, Simon: Comin 2 get u. München 2013.

Links
Kommunikation früher und heute  15.1.14.

Angriff aus dem Space
15.1.14.

Zehetmairs Kritik in „Die Welt“
15.1.14.

Über den Sprachverfall
15.1.14.