von Anne Pöttgen
Unsere Sprache wandelt sich ständig, aber wo sind die Wörter geblieben, die früher gang und gäbe waren? Vielleicht haben sie in irgendwelchen Lexika Zuflucht gefunden? Die Gegenstände, die sie bezeichnen, sind im Museum gelandet.
In Haus und Familie
Fielen die Temperaturen unter null, wurde man morgens in der Schlafstube mit Eisblumen wach, musste zum Baden den Gasbadeofen in Gang setzen. Alternative: kalt brausen. Im Wohnraum brauchte man den Fidibus, um dem Kanonenofen Wärme zu entlocken. Hatte man es eilig, wurde mit dem Tauchsieder Wasser erhitzt, um sich einen Muckefuck aufzugießen, derweil konnte man die Petroleumlampe löschen, es war hell genug geworden.
Der Feierabend im Wohnzimmer spielte sich zwischen Plattenspieler, Volksempfänger und später der Fernsehtruhe ab, am Boden lag der Haargarnteppich, im Gegensatz zum Balatum in anderen Räumen. Zwischen Chaiselongue und den Cocktailsesseln: der Nierentisch. Gemütlich.
Im Büro
In Kontor oder Ladengeschäft hantierte der Handlungsgehilfe, hatte er noch Ärmelschoner an? Er schrieb an einer Schreibmaschine, die Kopien waren Durchschläge mit Kohlepapier und die leidigen Fehler wurden mit Tipp-ex berichtigt. Sollten es mehr Exemplare sein, griff man zur Hektographie und die vielen notwendigen Adressen kamen über die Adremaplatten. Steinzeit sozusagen. Und doch hat es das Wirtschaftswunder gegeben.
Und die Kinder?
Im Freien spielten die Jungen mit dem Dilldopp, den Dötzen und Murmeln. Hin und wieder kam auch die Zwille zum Einsatz. In der Schule waren sie Pennäler, die vieles dufte und knorke fanden, es sei denn, der Kastellan stauchte sie zurecht.
Die Mädchen hüpften durch Himmel und Hölle.
Zu Hause waren die Bauklötze ein Zeitvertreib und die Zelluloidpuppe wurde geküsst und geherzt. Haarspange und Haarschleife mussten sein, es sei denn, das Köpfchen zierten Affenschaukeln.
Unschöne Erinnerungen
Blockwart, Pimpfe und Blitzmädchen, das waren die heutigen Großväter und Großmütter, jedenfalls manche davon. Ahnenforschung war Pflicht und das Ergebnis war der Ahnenpass.
Später gab‘s die Reparationen und bedingt dadurch Schwarzmarkt und Kohlenklau. Der örtliche Schupo musste oft ein Auge zudrücken, wenn dies und das „organisiert“ wurde.
In den Ferien fuhr man in die Sommerfrische und war froh, wenn es „warmes und kaltes fließendes Wasser“ gab. War der Etat geringer, dann gab es nur Pumpe und Plumpsklo.
Spezialität Rheinland
Aus Napoleons Zeiten und den zwanziger Jahren hat sich mancher französische Ausdruck erhalten. Der Bürgersteig war das Trottoir, die Landstraße die Chaussee und bei der Eisenbahn war der Bahnsteig der Perron und man stieg ins Coupé. Die Damen gingen in Taille – im Kleid – und die Herren im Paletot, je nach Temperatur. Die Stockwerke in den Häusern waren Etagen und die Kniestockwohnung war eine Mansarde.
Egal auf welcher Etage, abends im Bett ging‘s unters Plumeau, pardon Oberbett. Und wenn die Kinder Spöks und Fisimatenten machten, gab’s eins hinten drauf. Die antiautoritäre Erziehung war noch nicht erfunden.