von Hildegard Neufeld
Wir leben nicht nur immer länger, wir werden auch immer weniger. Die Lebenserwartung der deutschen Menschen steigt, doch die Bevölkerung schrumpft. Welche Auswirkungen hat der demografische Wandel auf den Arbeitsmarkt?
Die demografische Entwicklung
Studien der Unternehmensberatung McKinsey und der Prognos AG für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft machen darauf aufmerksam, dass dem deutschen Arbeitsmarkt zunehmend immer mehr Arbeitskräfte fehlen werden. Auch wenn die einzelnen Studien zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen kommen, lassen ihre Daten eine deutliche Aussage erkennen: Die Zahl junger Menschen in der Arbeitswelt nimmt immer stärker ab, während die Zahl der Älteren wächst.
Welches sind die Gründe?
Bevölkerungsrückgang
Da ist zunächst die geringe Geburtenhäufigkeit zu nennen, die nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Deutschland bei rund 1,4 Kindern pro Frau liegt und damit weltweit zu den niedrigsten Geburtenraten zählt. Um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden, wäre eine Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau notwendig. Die heutige Müttergeneration der rund Dreißigjährigen wird rechnerisch nur noch zu rund zwei ‚Dritteln durch die folgende Kindergeneration ersetzt.
Hinzu kommt, dass in Deutschland mehr Menschen sterben als Kinder geboren werden. Die Folge ist eine sinkende Bevölkerungszahl, die nur durch eine Zuwanderung ergänzt werden kann. Nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes wird die Gesamtzahl der deutschen Bevölkerung im Jahre 2060 – unter Berücksichtigung der erwarteten Zuwanderung – bei 65 bis 70 Millionen liegen.
Deutschland wird immer älter
Die durchschnittliche Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung ist deutlich angestiegen und wird sich, insbesondere aufgrund des medizinischen Fortschritts, weiter erhöhen. Unsere Lebenszeit hat, im Vergleich zu der Generation unserer Großeltern, bereits um mehr als ein Drittel zugenommen und wird sich, Prognosen zufolge, weiter erhöhen.
Die Folgen dieser Entwicklung zeichnen sich bereits in unserem Gesundheitssystem ab und stellen auch die gesetzliche Rentenversicherung vor neue Herausforderungen.
Der „wohlverdiente Ruhestand“ steht auf dem Prüfstand.
Demografischer Wandel und Arbeitswelt
Im Jahre 1960 betrug die Rentenbezugsdauer, nach Angaben der Bundesregierung, zehn Jahre, heute sind es 17 Jahre, und im Jahre 2030 werden es vermutlich 20 Jahre sein. Durch den demografischen Wandel hat sich zudem das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Beschäftigten und Rentnern deutlich verändert: Im Jahre 1960 kamen auf einen Rentner acht Beschäftigte, heute sind es nur noch 3,2 Beschäftigte und 2030 werden es voraussichtlich knapp 2 Beschäftigte sein.
Nach dem Gesundheitssystem und neben dem Sozialsystem hat der demografische Wandel auch die Arbeitswelt erreicht. Im Focus stehen die älteren Arbeitnehmer, denn sie werden immer dringender gebraucht, und ohne sie wird es in Zukunft nicht mehr gehen. Die Zeiten, in denen Betriebe kaum noch Beschäftigte hatten, die älter als 50 Jahre waren, dürften endgültig vorbei sein.
Ältere Arbeitskräfte
In Zukunft wird der wirtschaftliche Erfolg der Unternehmen mehr denn je von ihren älteren Mitarbeitern abhängen. Dabei hat Deutschland gegenüber anderen europäischen Ländern einen Nachholbedarf, denn die Arbeitsquote bei älteren Arbeitnehmern liegt beispielsweise in Dänemark, Schweden, Finnland und Großbritannien deutlich höher als in Deutschland. Der demografische Wandel hat inzwischen vielen älteren Arbeitnehmern neue Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt eröffnet.
Mit der zunehmenden Beschäftigung Älterer geht eine veränderte Einstellung gegenüber dieser Altersgruppe einher. Lange Zeit überwog die Meinung, ältere Arbeitskräfte seien nicht belastbar, häufiger krank, wären weniger kreativ und stünden notwendigen Fortschritten und Veränderungen im Wege. Das hat sich inzwischen geändert.
Nach einer Emnid-Umfrage halten Unternehmer ältere Beschäftigte ab 45 Jahren im Vergleich zu jüngeren Arbeitnehmern unter anderem für erfahrener, loyaler, verantwortungsbewusster, gewissenhafter, kompetenter, qualifizierter und motivierter.
Herausforderungen für Unternehmen
Im Rahmen einer Initiative der Bundesregierung „Die demografische Chance“ wurde die Frage „Wie bleiben wir innovativ und wettbewerbsfähig?“ wie folgt beantwortet:
Um auch bei abnehmender Bevölkerung in Zukunft genügend leistungsfähige und qualifizierte Mitarbeiter beschäftigen zu können, müssen Unternehmen umdenken. Neben der stärkeren Einbindung von Frauen und ausländischen Fachkräften liegt die größte Herausforderung darin, die Arbeitnehmer möglichst lange im Betrieb zu halten und deren Wissen zu sichern. Viele Firmen fördern durch spezielle Weiterbildungs- oder Fitnessprogramme die geistigen und körperlichen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter. Angesichts einer alternden Belegschaft kommt der Prävention eine Schlüsselrolle zu.
So haben mehrere deutsche Autobauer Programme zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung gestartet, um ihren älteren Beschäftigten ein möglichst attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. Genauso wichtig ist der Erfahrungsaustausch zwischen den Generationen.
Weitere Informationen
Informationen vom Statistischen Bundesamt