Aufbruch in die Moderne 1900 – 1933

von Anne Pöttgen

Dreiunddreißig Jahre sind keine allzu lange Zeitspanne, aber wir begegnen in ihr den unterschiedlichsten  Strömungen und Gedanken. Expressiv, verrückt oder sachlich: nicht nur die Bildende Kunst, sondern auch die Literatur.

Die neue Sachlichkeit

Georg Schrimpf

Die Zwanziger Jahre gehören der Neuen Sachlichkeit. Vorbei die wilden Jahre des Expressionismus, und mit DADA ist ebenfalls so gut wie Schluss. Aber es waren doch die Roaring Twenties? Ja, schon, aber es waren die wildgewordenen Bürger, die diesen Jahren den Namen gaben. Viele Künstler sahen die Welt anders. Vorbei der schreckliche Weltkrieg und das wirtschaftliche Desaster der Inflation. Dem konnte man nur mit einem sachlichen Stil und nüchterner Sprache begegnen: wie Fallada, Döblin oder Egon Erwin Kisch. Eine neue Kunstform entstand zu dieser Zeit: der Film. Auch die Fotografen hatten ihre ersten Ausstellungen.
In der Malerei wurde die unsentimentale Darstellungsweise gewählt. Im Gegensatz zum Expressionismus sind die Menschen oft wie eingefroren dargestellt. Bei Otto Dix und George Grosz verzerrt und wie Karikaturen angelegt. Es wird nicht die Welt dargestellt, sondern die Halbwelt. Welch ein Gegensatz zu den heiteren Gestalten in der Natur, wie sie die Brückemaler liebten.

Surrealismus

1923 hatte Felix Hartlaub den Begriff „Neue Sachlichkeit“ geprägt, ein Jahr später veröffentlichte André Breton in Paris das „Surrealistische Manifest“.
Von Anfang an gehörte Picasso zu den Malern, die dem Surrealismus nahe standen. Wir verbinden am ehesten Salvador Dali damit; seine schmelzenden Uhren und brennenden Giraffen sind präzise gemalt, aber leider passen sie nicht zu den anderen Bildteilen. Oder doch, durch surrealistische Sicht auf alle Dinge.
Die Bewegung war international. In Deutschland wird Max Ernst dazu gezählt, unter den Russen Marc Chagall. Und erst die Bilder von Magritte! Das kleine Mädchen, das lustvoll in einen Vogel beißt, oder das Haus in der Nacht, vor dem eine Laterne brennt – im Hintergrund der blaue Himmel mit weißen Wolken.
Aber in den dreißiger Jahren war Schluss mit aller modernen Kunst, Bilder und Bücher verbrannt, die Künstler im Untergrund oder geflüchtet. Nicht nur in Deutschland, auch aus Paris.1945 hatten viele den Anschluss verloren, die Malerei wurde abstrakt und hatte ihren Mittelpunkt in Amerika.

Abstrakt

Kasimir Malewitsch

Aber den Begriff Abstrakte Kunst gab es schon Jahrzehnte vorher. Da ist unser Stichwort: Kandinsky. Um 1911 entstanden die ersten abstrakten Gemälde, das bekannteste dürfte Impression III sein, das nach einem Konzert mit Werken Schönbergs entstand. Erkennbar sind das Schwarz eines Flügels und schemenhaftes Publikum. Im gleichen Jahr stieß Robert Delaunay zu der Gruppe um Kandinsky, die sich den Namen Blauer Reiter gegeben hatte. Er stellte mit ihnen in München aus. Seine besondere Farbgebung beeinflusste sowohl Marc als auch Macke.
Das nonplusultra des Abstrakten dürfte das Schwarze Quadrat auf weißem Grund von Kasimir Malewitsch sein, das im Jahre 1915 zum ersten Mal ausgestellt wurde. Malewitsch, Kandinsky und Delaunay gingen von der Farbe aus. Piet Mondrian dagegen, der ebenfalls zu den großen Abstrakten zählt, wählte den rechten Winkel und die Primärfarben zu schwarz und weiß, um eine Balance im Bild herzustellen.
Alle diese Künstler befassten sich auch theoretisch mit der Malerei. Sie kamen aus den verschiedensten damals herrschenden großen oder kleinen Richtungen.

Expressionismus

Die gelbe Kuh, Franz Marc

Eine dieser großen Richtungen war der Expressionismus. In Deutschland stehen dafür der Blaue Reiter und Die Brücke. Um die Jahrhundertwende bis zum 1. Weltkrieg lebten die Künstler in einem ständigen Austausch. Schnell teilte man neue Ideen, begeisterte sich für die Werke der anderen. Wenig Begeisterung weckten sie allerdings beim Publikum. Sie hatten Schluss gemacht mit der akademischen Malerei. Kandinsky und Jawlensky huldigten der Farbe und der Fläche. Die bayerische Volkskunst der Hinterglasmalerei und die frechen Farben der Fauves, einer Künstlergruppe in Paris, waren die Auslöser einer Änderung der Sicht, wie ein Bild beschaffen sein solle. Fläche und Farbe statt impressionistischer Manier. Marc und Macke kommen hinzu, der Blaue Reiter wird geboren. Ein Name, der bis heute neben dem der „Brücke“ für den Expressionismus steht. Klee und Feininger machen bei den Ausstellungen des Blauen Reiter 1911 und 1912 mit. Die Abkehr von der äußeren Wirklichkeit zugunsten des Ausdrucks der inneren, seelischen Empfindung machen den Expressionismus aus.

DADA

Der Dada Baargeld

Mitten in einem Weltkrieg (1916), aber in der neutralen Schweiz, begann das kurze Leben des DADA. Dichter, Maler und Musiker brachten ihre Werke ins Zürcher „Café Voltaire“ des poetischen Philosophen oder philosophischen Poeten Hugo Ball. Alles war möglich, das Publikum war ratlos, die Künstler begeistert.
Die Dichter sprachen Lautgedichte, sinnfrei, die Musiker lärmten, pfiffen und trommelten. Die Werke der Maler: Fotomontagen, Collagen und Readymades. Dadamax (Max Ernst) gründete mit Hans Arp und Johannes Theodor Baargeld 1919 in Köln eine Dadagruppe, deren Ausstellungen geschlossen und deren Zeitschrift „Der Ventilator“ verboten wurden. Das war also nichts: DADA bedeutet nichts – wir wollen die Welt mit nichts ändern (Richard Huelsenbeck, der Verfasser des Dadaistischen Manifests).
Aber die von DADA erfundenen oder angewandten Stilmittel, die unkonventionelle Verwendung von Typografie, Fotomontage oder Readymades, die Collagen aus vorgefundenen Materialien und Gegenständen wurden zum Arbeitsmaterial der folgenden Künstlergenerationen.

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