von Hildegard Keller
Frömmigkeit gehörte im alten Schwaben zu den Selbstverständlichkeiten des Lebens. Objekte in den Stuben und Kammern des Bauernhofmuseums Illerbeuren gewähren einen Blick in diese gelebte Frömmigkeit
Museum, ein Zeugnis der Frömmigkeit
Museen sind Bewahrer und Zeugen der Geschichte der Menschheit. Das Bauernhofmuseum Illerbeuren präsentiert die Lebensweise im alten Schwaben und Allgäu. Wohnhäuser, Werkstätten, Stallungen, Gärten und Felder dokumentieren gelebte Geschichte.
Der Jahreslauf und der Alltag der Menschen waren strukturiert und geprägt durch Festtage, Heiligentage, Jahrestage. Der Glaube beschränkte sich nicht auf den öffentlichen Raum der Kirche und Gemeinde. Auch das private Leben und das private Haus waren Orte der Gottbezogenheit.
Der Herrgottswinkel war der wichtigste Platz im Haus und wurde anlässlich eines Festes – oder der Jahreszeit entsprechend – geschmückt. So wurde der gesegnete „Boschen“ zur Abwehr von Unheil hinter das Kruzifix gesteckt.
Lasst Bilder sprechen
Um 1900 waren diese Hofbilder sehr beliebt. Bauer und Bäuerin mit den ledigen Schwestern, Mägden und Knechten zeigten sich stolz mit ihren Pferden vor dem Haus.
Über Jahrhunderte war in unseren Breiten das Leben ländlich geprägt. Frömmigkeit bestimmte den Alltag der Menschen. Sowohl die alltäglich genutzten Geräte als auch die des festlichen Gebrauchs wurden mit religiösen Motiven verziert.
Durch die Säkularisierung verloren religiöse Formen ihren gemeinschaftsbildenden Charakter. Religion wurde mehr und mehr zur Privatsache. Im Bauernhof-Museum sind sie erhalten.
In diesem Beitrag sollen Bilder (Fotografien) vermitteln, wie einst ländliches Leben in den christlichen Lebenszusammenhang eingebunden war.
Ein Museumshof
Religiöse Motive schmückten die Fassaden der Bauernhäuser, wie sie am Grieshof noch heute zu sehen sind.
Der Grieshof wurde 1788 erbaut. Ein Fresko zeigt den Sinnspruch „St. Maria bit für uns“. Er bezeugt die Einstellung seiner Bewohner auf das Gottvertrauen bei der Bewältigung des harten Alltags. Die Menschen ließen sich sozusagen „Hinter die Fassade schauen!“
Möbel
Wie hier auf den Türfüllungen eines spätbarockenen Kleiderschranks finden sich religiöse Motive überall im Haus. Dargestellt sind vorwiegend
– der heilige Antonius
– der heilige Josef
– die heilige Anna
– Maria vom Blute (aus Bergatreude).
Erwähnt sei auch die „Lüftlmalerei“, eine besondere lokale Form der Wandmalerei des 18. und 19. Jahrhunderts in den Ortschaften der Alpentäler. Das Graffiti ist die moderne Form der Wandmalerei.
Das Woringer Häusle
„Hier lässt es sich gut ausruhen nicht nur nach des Tages, sondern auch nach des Lebens Müh und Plag“ scheint die Haltung des Bauern auf der Bank auszudrücken. Das Woringer Häusle im alten Museumsdorf war nämlich ein Austraghaus, in dem die Eltern des Bauern wohnten, nachdem sie dem Sohn den Hof übergeben hatten. Und auch hier geben einige Sinnsprüche an der Hauswand Kunde von der religiösen Haltung seiner Bewohner.
Die Menschen jener Zeit brauchten nicht viel Raum zum Leben. Nicht einmal dreieinhalb Meter breit ist das Fachwerkhäuschen. Trotzdem bot es im Untergeschoß genügend Raum für Stube, Küche und einen kleinen Laden. Im Obergeschoß waren die Schlafkammern untergebracht.
Der Taufbrief
Die Taufe ist ein christlicher Ritus. Er bedeutet für den Täufling die Eingliederung in die Religionsgemeinschaft. Dadurch wird nach der Lehre der christlichen Kirchen eine persönliche Gottesnähe ermöglicht. Vorbild ist der biblische Taufauftrag Jesu (Mt. 28): „…taufet alle im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes…“
Für die überlieferte und gelebte Frömmigkeit war die Taufe ein wichtiges Ereignis im Leben eines Menschen. Der Taufbrief sollte die Erinnerung daran wach halten. Er wurde daher auch mit viel Liebe und Bedacht gestaltet und ausgewählt. Ergänzt wird der Taufbrief häufig durch den Kommunion- oder Konfirmandenbrief.
Abschluss und Anmerkungen
„Häusliche Andacht – gelebte Frömmigkeit“ ist ein Aspekt der Auswahl, die Vergangenheit in der Gegenwart erlebbar zu machen.
Die Auswahl wurde in Absprache mit Frau Sandra Czaja, verantwortliche Leiterin für Öffentlichkeitsarbeit im Bauernhofmuseum getroffen.
Ich danke Frau Czaja für die großartige Unterstützung bei der Themenauswahl sowie für die Bereitstellung der Bilder.
Alle Bilder ohne Quellenangabe sind lizenzfrei unter „Tanja Kutter/Bauernhofmuseum“.
Links
Einführung in das Bauernhofmuseum
Rundgang durch das Bauernhofmuseum
Bäuerliches aus dem Allgäu
Erntearbeit in früheren Jahren
Lüftlmalerei
Graffiti
Historische Sinnsprüche