von Lore Wagener
Das Herz gilt als Symbol der Liebe und als Sitz der tieferen Empfindungen. Sein rotes, zweigelapptes Symbol ist weit verbreitet. Es ist sogar als Sonderzeichen auf Ihrem PC.
Das Sonderzeichen
Wollen sie dieses Sonderzeichen in ein Office-Dokument einfügen, so muss der Zahlenblock auf Ihrer Tastatur aktiviert sein. Dann drücken Sie gleichzeitig die Tasten Alt und die 3 auf dem Zahlenblock – und schon ist das Herz auf Ihrem Dokument. Wo dieses Sonderzeichen nicht funktioniert, behilft man sich mit den Tasten <3, die bei einiger Phantasie ein liegendes Herz darstellen. Jugendliche machen das bei ihren SMS gerne.
Aber nicht nur das rote Symbol, sondern auch das Herz selbst ist als Hort von Liebe und Gefühlen symbolträchtig, besonders für Literatur und Religion.
Woher kommt die Herzform?
Der anatomischen Realität entspricht das gängige Herzsymbol nicht. Man nimmt an, dass es sich im Laufe der Zeit aus den stilisierten Efeu- oder Feigenblättern entwickelt hat, wie sie in Malereien auf antiken Keramiken schon seit dem dritten Jahrtausend vor Christus vorkommen. Die Efeublätter waren wohl ein Symbol für Langlebigkeit. Man kannte damals auch schon die Bedeutung des Herzens, in der Liebe, denn man fand einige antike Darstellungen der Liebesgöttinnen Aphrodite und Venus, denen ein Herz als Attribut beigegeben war. Und die Bibel kannte auch schon das Herz als Sitz der Gefühle. Wie heißt es so schön im Weihnachtsevangelium: „Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen.“
Das Wappen von Dänemark
Das Wappen der Könige von Dänemark ist ein Beispiel dafür, wie fließend die Übergänge von den Blättern zur stilisierten Form waren.
Dieses Wappen zeigt drei gekrönte Löwen umrahmt von neun roten Herzfiguren. Es wurde schon von Knut VI. etwa um 1194 nach Christus benutzt. Das dänische Königshaus bezeichnete die Herzfiguren aber noch 1972 als søblade (Seeblätter). Heraldiker meinen, dass die ursprünglichen „Seeblätter“ im Laufe der Zeit durch plumpe Bearbeitungen verloren gingen und schließlich die Herzfiguren entstanden. Symbole für eine besondere Eigenheit dänischer Könige sind sie wohl nicht. Das Wappen wird noch heute von der dänischen Dynastie geführt
Die Minnesänger
In der weltlichen Liebe bekommt das Herz im Hochmittelalter als Sitz tiefer Gefühle eine besondere Bedeutung. Die höfische Dame wird Gegenstand der Verehrung – und das Herz des Sängers leidet. So bildete sich eine gesungene Liebeslyrik aus mit Herz und Schmerz.
Die höfisch-ritterliche Form dieser Liebeslyrik bezeichnete man als Minnesang. Sie war stark ritualisiert und wurde vom westeuropäischen Adel im 12. und 13. Jahrhundert zelebriert. Der Minnesänger verehrte mit seinem Minnedienst vorzugsweise eine hochgestellte Frau, die für ihn meist unerreichbar war. Man nannte diese Form die „hohe Minne“. die „niedere Minne“ besang eher das Erreichbare.
Die ersten Minnesänger waren die Trobadors aus Südfrankreich. Im deutschen Sprachraum kann man ab etwa 1155 von einem Minnesang sprechen. Berühmt wurde Walter von der Vogelweide, der von 1170 bis 1230 lebte und Lieder der „Herzeliebe“ vortrug. Sein Lied „ Herzeliebez vrouwelin“ besang, wie wohltätig die Liebe dem Herzen ist.
Die Herz-Jesu-Verehrung
Nur wenige Jahre später entwickelte die katholische Spiritualität die Herz-Jesu-Verehrung. Die Verehrung „des heiligsten Herzens Jesu“ war die religiöse Ausprägung der Herzsymbolik. Sie hatte ihren Ursprung in der Verehrung des leidenden Christus im Hochmittelalter. Das durchbohrte Herz des Gekreuzigten galt (und gilt) als Quelle der Sakramente der katholischen Kirche. Das Herz Jesu wird nicht als Organ, sondern als Ursymbol der göttlichen Liebe gesehen. Impulse für diese Art der Frömmigkeit kamen aus der deutschen Mystik, zum Beispiel von Gertrud von Helfta sowie von der französischen Nonne Margareta Maria Alacoque. Mehrere Mönchsorden unterstützten die Bewegung, besonders die Jesuiten, die eine regelrechte Volksmission betrieben. So fand die Herz-Jesu-Verehrung große Verbreitung, später auch weltweit. Sie wird vom Vatikan unterstützt. Noch 2011 weihte Papst Benedikt XVI. am Weltjugendtag die Jugendlichen dem Heiligsten Herzen Jesu. Heute hat die Herz-Jesu-Verehrung bei uns an Popularität verloren.
Die Herz-Maria-Verehrung
Es gibt in der katholischen Kirche noch eine weitere große Bewegung der Herz-Verehrung – eine Verehrung des unbefleckten Herzens Marias. Das Religionslexikon meint dazu: “Das Herz ist dabei im übertragenen Sinne als Sitz der Liebesempfindung gemeint. So gilt die mystische Verehrung dem Herzen Marias, das so voller Liebe war. Dabei wird zum einen an die jungfräuliche Liebe Marias zu ihrem Gott und zum anderen an die Liebe zu den Menschen gedacht“.
Seit dem 17. Jahrhundert ist die Herz-Marien-Verehrung bereits in Frankreich bekannt, wo wiederum die Jesuiten eine wichtige Rolle spielten. Dann verbreitete sie sich weltweit. Etwa ab 1805 gründeten sich in Deutschland zahlreiche Ordensgemeinschaften und Bruderschaften, die nach dem Herzen Mariens benannt sind. Auftrieb bekam die Bewegung durch die Erscheinungen von Fatima (Portugal) im Jahre 1917. Der Vatikan war zunächst gegen die Bewegung, richtete aber schließlich den Herz Maria-Gedenktag mit festem Ritual ein. Heute ist die Herz-Marien-Verehrung stärker in Südeuropa verbreitet. Im deutschen Katholizismus ist sie nicht sehr ausgeprägt.
Volksfrömmigkeit
Viele Kirchenbauten weltweit benannte man nach dem Herzen Jesu, am bekanntesten ist wohl die Basilika Sacré-Cœur de Montmartre in Paris. „Herz-Mariä-Kirche“ ist der Name von Kirchen, die das Patrozinium „Unbeflecktes Herz Mariä“ tragen. In der gesamten Kirche feiert man alljährlich die Gedenktage für die Herzen von Jesus und von Maria. Überwiegend regionale Maler schufen Gemälde mit den göttlichen Personen, auf denen ihr Herz offen ist. Es kann strahlen oder von Schwertern durchbohrt sein. Daneben gibt es kleinere Andachtsbilder für den außerliturgischen Gebrauch, die im Mittelalter meist aus Holz geschnitzt waren, Votivbilder wurden von den Gläubigen für erfüllte Fürbitten gespendet. Die Verehrung der Herzen Jesu und Mariens war also eher eine Sache des Volkes, für die es viele außerliturgische Ausdrucksformen gab. Es gibt auch noch andere Heilige, die mit geöffnetem Herzen gemalt wurden, aber die waren weniger populär.
Der Tiroler Schwur
Die Freiheitskämpfer von Tirol haben sogar ihr ganzes Land in die Herz-Jesu-Verehrung einbezogen. Im Südtiroler Freiheitskampf gegen Bayern und Franzosen riefen die frommen Tiroler 1796 den Beistand des göttlichen Herzens Jesu an und beschlossen, hierfür einen Festtag einzuführen und den Bund Tirols mit dem Herzen Jesu alljährlich zu erneuern. Unter der späteren bayrischen Herrschaft wurde dieser kirchliche Feiertag verboten. Nachdem die Tiroler beim zweiten Gefecht am Bergisel 1809 siegten, konnte der Freiheitskämpfer Andreas Hofer den Herz-Jesu-Bund erneuern. Heute noch feiern die Tiroler alljährlich das Herz-Jesu-Hochfest mit Feuern von den Bergen und erneuern ihren Schwur.
Die Lutherrose
Auch die evangelisch-lutherischen Kirchen haben ihr Herzsymbol. Die Lutherrose war das Siegel, das Martin Luther ab 1530 für seinen Briefverkehr verwendete. Ihr Sinn ist nicht die Verehrung göttlicher Personen, sondern auf das eigene Herz und seinen Glauben ausgerichtet. Kidsweb schreibt dazu: Die Lutherrose besteht aus einer weißen Rose mit einem roten Herzen darauf, in das ein schwarzes Kreuz eingebettet ist. Das Kreuz soll an das Leben und Sterben Jesus Christus erinnern, denn er ist der Mittelpunkt des Glaubens. Das rote Herz steht dafür, dass diese Botschaft nicht nur mit dem Geist, sondern vor allem mit dem Herzen verstanden wird. Die weiße Rose soll daran erinnern, „dass der Glaube Freude, Trost und Friede gibt“. Die weiße Farbe der Rose steht für die Engel und Geister, die die Menschen ihr Leben lang begleiten. All das ist umgeben vom Himmelblau, das die Freude, die der Glauben bringt, im Himmel wie auf Erden darstellen soll. Und weil die Worte und die Güte Gottes ewig sind, wird die Rose von einem goldenen Ring umschlossen. Denn ein Ring hat – ebenso wie die Liebe Gottes – keinen Anfang und kein Ende.“
Links
Warum galt der Minnedienst als ritterliche Pflicht?