von Sibylle Sättler
Buchmessen gibt es das ganze Jahr über verteilt auf allen Kontinenten. Die weltweit größte ihrer Art in Frankfurt, verbunden mit der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, sowie die heute zweitwichtigste deutsche Buchmesse in Leipzig sollen hier vorgestellt werden.
Ursprung und Zweck der Buchmessen
Bis zur Erfindung des Buchdrucks war das Buch nicht Thema und Gegenstand selbstständiger Messen. Buchmessen fanden bis dahin nur im Rahmen allgemeiner Handelsmessen statt.
Buchmessen gelten heute eher als Informationsmessen. Zweck einer Buchmesse ist in erster Linie der Handel mit Rechten und Lizenzen. Hauptakteure der jährlich stattfindenden Messen sind die Verlage, Vertreter des Buchhandels, Autoren, Literaturagenten und Journalisten, Dolmetscher und Übersetzer sowie dem Buchhandel angeschlossene Dienstleistungsunternehmen und natürlich das interessierte Publikum. Heute findet man neben dem Buch-Klassiker Online-Produkte, Hörbücher und Comics im Angebot.
Buchmessen Frankfurt und Leipzig
Frankfurt entwickelte sich ab 1564 zunächst zum wichtigsten Handelsplatz für Bücher, doch Leipzig war ab dem 17. Jahrhundert bis Ende des Zweiten Weltkriegs die Zentrale des deutschen und europäischen Buchhandels, in der die wichtigsten Verlage ihren Standort gewählt hatten. Leipzig galt bis 1945 als „Reichsmessestadt“. Auch zu DDR-Zeiten fanden in Leipzig Buchmessen statt über den Zeitraum einer Woche. Nach der Wiedervereinigung, die Buchmesse wurde auf vier Tage gekürzt, gewannen Leipzig und Literatur wieder an Bedeutung. Kontakte zwischen osteuropäischen und deutschen Verlagen bilden den Schwerpunkt. Die Leipziger Messe ist eine Publikumsmesse. Die Begegnung von Autor und Leser steht im Vordergrund. Auf beiden Messen sind Direktkäufe nicht zugelassen. Die Frankfurter Buchmesse findet im Oktober, die Leipziger Buchmesse im März eines jeden Jahres statt.
Die Leipziger Buchmesse 2014
Sie fand statt vom 13. bis 16. März 2014 und konnte wieder einen Besucherrekord verzeichnen. Die „Frankfurter Allgemeine“ beschreibt sie als die „sympathischere Messe“ im Vergleich zu Frankfurt. In Zahlen: Es gab 2.000 Aussteller aus 42 Ländern, etwa 3.000 Autoren und 175.000 Besucher, damit 7.000 mehr als 2013.
Gastland war in diesem Jahr die mehrsprachige Schweiz. Deren Verleger und Buchhändler beeindruckte der enorme Zulauf der Leipziger Messebesucher. Mehr als 80 Autoren aus der Schweiz waren angereist, unter ihnen Adolf Muschg, Lukas Bärfuss und Martin Suter. Es gab auch Geschenke für Leipzig aus der Schweiz: 40 knallrote Sitzbänke leuchten demnächst im Clara-Zetkin-Park. Weitere Schwerpunkte der Messe waren Literatur aus Polen, Weißrussland und der Ukraine.
Zusätzlich gab es Europas größtes Lese-Festival „Leipzig liest“ mit 62.000 Besuchern und Lesungen überall in der Stadt, in Cafés, Buchhandlungen und Friedhofshallen.
Der Mitteldeutsche Rundfunk auf der Leipziger Buchmesse
MDR FIGARO berichtete von der Buchmesse mit eigenem Stand, veranstaltete Lesungen, Gesprächsrunden mit vielen Autoren und eine Hörbuchnacht. Für Kinder gab es eigene Programme.
Seit 2005 wird jeweils am ersten Messetag der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen, Berichterstatter ist das MDR-Kulturradio. Die Preisträger 2014 sind:
In der Kategorie Belletristik: Sasa Stanisic aus Bosnien: „Vor dem Fest“, erschienen beim Luchterhand Literaturverlag;
in der Kategorie Sachbuch/Essayistik: Helmut Lethen: „Der Schatten des Fotografen“, erschienen bei Rowohlt Berlin;
in der Kategorie Übersetzung: Robin Detje; übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von William T. Vollmann: „Europe Central“, erschienen beim Suhrkamp Verlag.
Autoren wie Axel Hacke, Feridun Zaimoglu, Werner Schneyder, Heinz Rudolf Kunze, Ulrich Wickert und Landolf Scherzer und Verleger wurden von MDR-Moderatoren begrüßt. 16 Stunden war MDR FIGARO während der Messe auf Sendung.
1989 – 2014 / 25 Jahre „Friedliche Revolution“
Auf dem Kultmöbel, dem Blauen Sofa, in der Glaskuppel der Messe war am 12. 3. 14 Michail Gorbatschow zu Gast und stellte als Deutschlandpremiere „Alles zu seiner Zeit. Mein Leben“, Verlag Hoffmann und Campe, Berlin, vor. Gorbatschow wurde mit großem Jubel vom Publikum empfangen.
MDR FIGARO, das Kulturradio des MDR, nahm selbstverständlich das Thema „25 Jahre nach der Friedlichen Revolution“ auf. Zum Jubiläum wurden etliche Neuerscheinungen präsentiert, so unter anderen Marianne Birthlers Biografie – sie nahm aktiv an der Friedlichen Revolution teil – „Halbes Land. Ganzes Land. Ganzes Leben“.
Die „Leipziger Buchnacht“ im Bayerischen Bahnhof moderierte der Literaturkritiker Denis Scheck. Hier stellte auch Marianne Birthler ihr Buch vor.
Mehrere Preisverleihungen fanden zusätzlich zu den bereits erwähnten während der Messe statt, so auch in der Kategorie Buchkunst für „die schönsten Bücher aus aller Welt“ und Kinderhörspiele.
Die Frankfurter Buchmesse
Zunächst: Wie kam es zum Bedeutungswandel von der Frankfurter zur Leipziger Buchmesse? Nachzulesen unter ist eine interessante Geschichte aus dem Jahr 1764 mit einschneidenden Ergebnissen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte die Frankfurter Buchmesse zur weltweit größten internationalen Buchmesse. Sie wurde gegründet 1949 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels und findet in der Zeit vom 8. – 12. Oktober 2014 auf dem Frankfurter Messegelände statt. Jedes Jahr ist ein anderes Land Ehrengast in Frankfurt, im Jahr 2013 war es Brasilien, 2014 wird es Finnland sein. Sein Motto: „Finnland.Cool“. Finnland war auch auf der Leipziger Messe im Frühjahr 2014 mit zehn Autoren vertreten.
Neben dem schon erwähnten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wird der Deutsche Jugendliteraturpreis in Frankfurt verliehen und oft während der Messewoche auch der Nobelpreis für Literatur ausgelobt.
Die Fachbesucher
Im Gegensatz zu Leipzig ist die Frankfurter Buchmesse in erster Linie Fachmesse und weniger für das Publikum vorgesehen, das nur an zwei Tagen Zutritt bekommt. So zieht die Messe vor allem Fachleute an wie Verleger, Agenten, Buchhändler, Bibliothekare, Wissenschaftler, Illustratoren, Dienstleister, Filmproduzenten, Drucker, Künstler, Autoren, Übersetzer, Dolmetscher, Antiquare, Software- und Multimedia-Anbieter. Das internationale Geschäft mit Buchlizenzen und Buchrechten findet in einem Agentencenter statt: 70 % aller Abschlüsse nehmen hier ihren Anfang. Für die Berichterstattung während der Messe sind 12.000 Journalisten aus fast hundert Ländern anwesend.
Die Frankfurter Buchmesse verfügt auch über die weitestreichenden Online-Datenbanken der Buchbranche und hilft bei der Vermittlung deutscher Literatur im Ausland.
Preisverleihungen 2013 in den unterschiedlichen Kategorien
Gastland Brasilien 2013 in Frankfurt
Die Eröffnungsfeier der Buchmesse 2013 begann mit einem Eklat: Der Autor Luiz Ruffato nutzte seine Gastrednerrolle, um öffentlich Kritik an Bildungssystem und Gesellschaft (Polizeigewalt) seines Landes zu üben. Unterstützt fand er bei 30 weiteren Autoren, die zur Veranstaltung Flugblätter verteilten, um auf den Streik tausender Lehrer für bessere Bildung in ihrem Land aufmerksam zu machen. Nach Ruffato können neun Prozent seiner Landsleute weder lesen noch schreiben. Er wurde zum Teil wegen seiner Rede von Brasilianern hart angegriffen, andere hielten die Lebensumstände durchaus für gravierend genug, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erringen. In Brasilien gab es einen Anstoß, in Frankfurt wurde das Thema nur im kleinen Kreis behandelt. Auf jeden Fall war Frankfurt ein Geschäftserfolg für Brasilien.